Newsletter Oktober 2023
Eine Szene im Waldkindergarten. Ein Mädchen erzählt froh: „Auf den Baum da hab ich Timo hochgeholfen! Und auf dem Riesenbrett hier können Emma und ich nur zusammen hin und her wippen und Piratenschiff fahren. Alleine geht das nicht, ich bin zu leicht.“ Sie zeigt auf simple und doch eindrückliche Weise: Wir sind als Menschen verbunden.
Der Markt vermittelt jedoch das Gefühl, wir könnten autark leben – eine gefährliche Illusion. Sölle sagte: „Je globaler die Weltwirtschaft sich organisiert, je desinteressierter sie sich allen sozialen oder ökologischen Eingebundenheiten gegenüber gibt, desto mehr benötigt sie als Ansprechpartner das Individuum ohne jede Beziehung, den Homo oeconomicus.“ In der „dunkelsten Nacht“ der Geschichte und der Gottesfinsternis beziehe sich das Neue Testament hingegen auf „Gruppen, die sich gemeinsam auf einen neuen Weg machen“. Sölle erzählt von der christlichen Urgemeinde, in der Menschen alles miteinander teilten und sich den Zwängen des Römischen Imperiums widersetzen, von Martin Luther King, Mahatma Gandhi und der Befreiungstheologie. Ihr Fazit: Gemeinschaft ist ein zentraler Ort mystischer Erfahrung, an denen Gott spürbar wird. Für Sölle galt: „Mystik ist Widerstand.“
Es ist schwer, heute Christin zu sein! Dennoch gibt es viele Menschen, die aus der Vereinzelung heraustreten, weitermachen und sich engagieren. Im persönlichen Gespräch höre ich dabei aber oft dasselbe: „Wir haben einfach keine Kraft mehr.“
Noch bis Sonntag sind einige dieser Menschen bei uns zu Gast. Mit Trainer:innen und Psychologinnen für Nachhaltigen Aktivismus, Tiefenökologie und Achtsamkeit üben wir Selbstfürsorge und den Umgang mit Angst, Trauer und Verzweiflung. Wie können Gruppen stark bleiben? Über die Ergebnisse der Tagung berichten wir im nächsten Newsletter.
Ihre
Katharina Hirschbrunn
Studienleiterin für Wirtschaft und Arbeitswelt, Nachhaltige Entwicklung