Newsletter März 2025
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Leben wir im Übergang? Nein, das ist zu schwach: Wir leben in einer zweiten Zeitenwende. Deutschland hat gewählt. Größte Oppositionspartei ist nun eine Partei, die der Verfassungsschutz als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft hat. Währenddessen hat sich die USA offenkundig aus dem Kreis liberaler Demokratien verabschiedet und mäandert erstaunlich zielstrebig in Richtung Autoritarismus und Oligarchie, wie wir sie bisher aus Russland und China kennen. Die liberale Demokratie, die in Deutschland und Europa in den letzten fast acht Jahrzehnten gewachsen ist und Frieden und Wohlstand gesichert hat, ist nicht mehr nur „unter Druck“, sondern endgültig massiv in Gefahr.
Zu allem Überfluss kommt diesen Monat ein amerikanischer Film über Dietrich Bonhoeffer in die Kinos, der in grotesker Weise sein Erbe politisch für die Trump-Bewegung instrumentalisiert. Er zeichnet ihn als eine rechte, evangelikale Widerstandsfigur, die sich gegen alle liberalen Entwicklungen der Gesellschaft stemmt – auf dem Filmplakat sogar mit der Waffe in der Hand. Bonhoeffers Nachfahren, die deutschen Darsteller des Filmes Jonas Dassler, August Diehl und Moritz Bleibtreu sowie die Bonhoeffer-Gesellschaft haben sich scharf von diesem Bild distanziert. Wem gehört Bonhoeffer? Das ist die Frage, die wir auch aus Anlass des 80. Jahrestages seiner Ermordung durch die deutschen Faschisten stellen (hier mehr dazu).
Bonhoeffer selbst hat davon gesprochen, dass der Optimismus „bei den Klugen“ verpönt sei. Man muss derzeit nicht einmal ein besonders gelehrter politischer Analyst sein, um einigermaßen schwarz zu sehen. Aber: „Optimismus ist in seinem Wesen keine Ansicht über die gegenwärtige Situation,“ so Bonhoeffer weiter, „sondern er ist eine Lebenskraft, eine Kraft der Hoffnung, wo andere resignieren, eine Kraft, den Kopf hoch zu halten.“ Ich versuche mich daran zu halten. Ich versuche den Kopf hoch zu halten in diesen frostigen Tagen. „Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.“ Die Worte Bonhoeffers treiben uns nicht zuletzt in der Akademie an.
Ihr Pfarrer Dr. Hendrik Meyer-Magister
Stellvertretender Direktor und Studienleiter