Newsletter März 2022
Die Politik Trumps, Querdenkende auf Deutschlands Straßen, die Liste von systematischen Desinformationskampagnen unserer Zeit ist lang. Der aktuellste Aspekt davon ist sicher der Desinformationskrieg, den Russland gegen die Ukraine führte und führt und der sich in der Nacht vom 23. auf den 24. Februar in einem handfesten Angriffskrieg manifestierte.
Schockierend ist dabei nicht nur die Tatsache, sondern eben auch die Art und Weise ihrer Verkündung. Am Morgen des 24. Februars wird der Schreck um das eröffnete Feuer von Putins Worten untermalt, er strebe nach der „Demilitarisierung und Denazifizierung der Ukraine“. – Denazifizierung?
Wer die Thematik schon länger verfolgt, konnte in der Berichterstattung regierungstreuer russischer Medien die sukzessive Etablierung eines Feindbildes beobachten, das die Ukraine als Aggressor inszeniert. Auf diesen sorgfältig vorbereiteten ideologischen Boden pflanzt Putin nun das Narrativ der Selbstverteidigung, so auch in der Rede vom 21. Februar: „Ob man alle Fragen mit Hilfe von Gewalt lösen – oder ob man auf der Seite des Guten bleiben sollte – warum denken Sie, dass das Gute immer gewaltfrei bleiben sollte? Ich sehe das nicht so. Das Gute setzt die Möglichkeit voraus, sich selbst zu verteidigen.“
Natürlich, natürlich, die Welt ist nicht schwarz-weiß. Die Flexibilität, die Putin aber im Umgang mit fundamentalen Fakten und Werten an den Tag legt, macht sprachlos. Ebenso sprachlos wie das Maß an Strategie hinter der jahrelangen Vorbereitung des jüngsten Schachzugs in den Medien eines Staates, der von Armut geprägt ist und in nicht unerheblichen Teilen von Menschen bewohnt wird, die unter Umständen wenig Zugriff auf freie Presse haben und der Propaganda der Herrschenden ausgesetzt sind.
Und dabei sind Bildung und Information die einzigen Mittel, um Desinformationskriegen die Stirn zu bieten. Eine Meinung bilden statt eine Meinung haben. Kritisch denken lernen. Diskutieren dürfen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass auch Bildung ein Privileg ist.
Im vergangenen Herbst fand in unserem Haus unter dem Titel „Disinformation: Open Societies, Hidden Wars“ eine Konferenz statt, die sich dem Thema mit dem Fokus auf Mittel- und Osteuropa widmete. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die Dokumentationen dazu finden Sie auf unserer Homepage, sie liefern einen Einblick in Hintergründe zur gegenwärtigen Situation (hier mehr lesen).
In Gedanken bin ich auch bei den Menschen, die ich im Rahmen dieser Tagung kennenlernen durfte und deren Leben nun auf den Kopf gestellt sind. Bei Gästen, die heute vielleicht um ihr Leben oder das ihrer Angehörigen fürchten müssen.
Wir werden an dem Thema dranbleiben. Eine Arbeit, die sich heute relevanter anfühlt denn je und die ohne Sie, liebe Gäste, liebe Mitdenkende, nicht funktionieren würde.
Ihre
Alix Michell
Studienleiterin für Kunst, Kultur, Digitales und Bildung