Newsletter März 2020
Die Tagung, in deren Kontext dieser Vortrag gehalten wurde, hieß „Das Erzählen der Welt“. Darin ging es um den laut gewordenen Ruf nach einem neuen, tragfähigen und verbindendem Narrativ für die Zukunft, das aktuellen Erzählungen von Hass, Katastrophen und Ausgrenzung etwas entgegensetzen kann. Die Analyse aktueller Erzählstrukturen und -bühnen brachte jedoch die Erkenntnis, dass heutige Erzählungen eher fragmentarisch, episodenhaft, manchmal widersprüchlich sind und in der Regel kein Ende haben. Das macht es schwer, eine einzige übergeordnete Erzählung zu finden, die für viele passt. Der Vorteil daran aber ist, dass jede und jeder viel einfacher selbst einhaken und ein Stück Geschichte mit-erzählen kann. Und so lässt sich dann letztlich aus vielen kleinen Teilen vielleicht doch ein tragfähiges Seil knüpfen. Ein Seil, auf dem man tanzen kann, das einen festen Ankerpunkt hat und gleichzeitig ins Offene führt – die Menschen als Gemeinschaft, die ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen, aber auch jede und jeden einzelnen.
Ich schreibe dieses Editorial auch deshalb, weil ich mein Seil in Zukunft nicht mehr vom Schlossfirst Richtung See spanne. Ich werde die Akademie nach über acht bereichernden Jahren verlassen. Für die vielen wundervollen Begegnungen, die schönen Kooperationen, die eindrücklichen Erfahrungen und für all die Schritte, die ich hier gehen durfte bin ich sehr dankbar. Dieser Ort ist etwas Besonderes, denn hier kann man – von sicheren Ankerpunkt des geschützten Raums aus – ins Offene denken, handeln und tanzen.
Mit dem Wunsch, dass dabei die Luft unter Ihren Füßen immer tragen möge, verabschiede ich mich von Ihnen.
Herzliche Grüße
Judith Stumptner
Stellvertretende Akademiedirektorin und Studienleiterin für Kunst, Kultur, Bildung und Digitales