Newsletter Dezember 2023
Von guten Mächten. Immer wieder werde ich gebeten, dieses Lied etwa bei Hochzeiten zu singen. Ob den Brautpaaren bewusst ist, wie die weiteren Verse lauten? Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand…
Bonhoeffer hat Von guten Mächten mitten in der Trostlosigkeit seiner Haft im Dezember 1944 verfasst. Er schickte es kurz vor Weihnachten an seine Verlobte, um die Trennung von seinen Lieben zu überbrücken. Bemerkenswert, dass es heute zum Hochzeitsschlager taugt! Darin liegt die Kraft der Verse: Es ist die große Ambivalenz aus Verzweiflung und Zuversicht, aus Gottverlassenheit und Gottvertrauen, aus Trennung und Verbundenheit, die aus ihnen spricht. Es ist die besondere Kraft des Glaubens und der besondere Reichtum religiöser Sprache, die Widersprüche des Lebens überhaupt benennen zu können – wenn sie schon nicht aufzulösen sind.
Wie soll man Weihnachten feiern, wenn in diesem Jahr das Land rund um den friedlichen Stall von Bethlehem in Terror und Krieg versinkt? Wie soll man auf einen Gott hoffen, der sich als schutzloses Baby in diese Welt gibt, wenn Terroristen Kinder ermorden und die Kinder von Gaza den Preis ihres Wahns zahlen?
Lass warm und hell die Kerzen heute flammen. Das Kerzenmeer der Weihnacht und das Inferno des Krieges. Unser Glaube führt uns auf die Grenze von Licht und Finsternis, an den Rand des Vorstellbaren. Die Kraft religiöser Sprache hält uns über der dunklen Tiefe. Fürchte Dich nicht! Warum? Weil der Engel es gesagt hat. Trotzdem. Weil ein Kind geboren ist. Trotz‘ dem! Ich habe Hoffnung für diesen Gott. Trotz allem! Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht. Und Ich bin gewiss: Wir kommen an, an den Küsten des Lichts – wie es auch im Titel unserer Silvestertagung heißt.
Ich wünsche Ihnen einen behüteten Advent, gesegnete Weihnachten und einen wunderbaren Jahresanfang!
Ihr Pfarrer Dr. Hendrik Meyer-Magister
Stellvertretender Direktor und Studienleiter