Newsletter Dezember 2022
„Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt. Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tag Midians. Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt. Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst: auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des Herrn Zebaoth“. (Jesaja 9, 1-6)
Utopie pur! Wenn‘s doch so wär‘, dass ein Messias den bestialisch Entmenschten das Handwerk legt. Dass eine göttliche Politik eine gerechte Welt schafft. Ein biblisches Märchen? Pastorale Illusion? Religion als Opium fürs Volk? Aufgemerkt! Da liest doch mancher Prediger nur die fett gedruckten Verse. Homiletisch ausgewogen meiden sie neuralgisch Aktuelles. Nein! Kein Trost ohne Einspruch! Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob der Messias den Massenmördern den Garaus macht oder ein schläfriger Klerus Puderzucker auf die arge Welt streut. Die Vision von Ende und Sühne der Gewalt malt kein Idyll. Die Prophezei erhört die traumatische Ohnmacht, die angestaute Wut, die weinende Trauer, den bohrenden Schmerz der gequälten Namenlosen. Advent 2022? Nur wenn der Messias kommt, zur Revolution.
„O Heiland reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf, reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloss und Riegel für.“ (EG 7,1)
So einen Advent wünschen wir Ihnen und uns allen.
Pfr. Dr. phil. Jochen Wagner
Studienleiter für Theologie und Gesellschaft, Religion, Philosophie und Recht