Newsletter Oktober 2024
„Mach die Augen zu und erträum Dir die Welt!“, lautete der Auftrag im Workshop von Mascha Schädlich. „Wie wohnen und leben Menschen? Wie arbeiten wir?“ In meinem Kopf taucht eine große Schere auf: „Das geht doch sowieso nicht!“ Ich blinzele kurz und sehe 20 andere Teilnehmende, die sich alle im Träumen üben. Also mutig die Schere zur Seite geschoben! Den „Utopien-Muskel stärken“ – so geht das.
Auch im Workshop zu „Futures Literacy“ von Marcel Beyer und Lukas Bäuerle auf der Tagung sollen wir frei denken. „Wie kann in 20 Jahren bezahlbarer Wohnraum für alle da sein?“ Unvorstellbar, wenn man alleine drüber nachdenkt. Gemeinsam aber wird auf einmal vieles möglich. Die Antworten sind oft ganz anders – menschlicher, nahbarer als in der Tagespolitik. Sind sie auch unrealistischer? „Wer will, dass alles so bleiben soll, wie es ist, muss alles ändern.“ „Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche.“ In Zeiten existenzieller Bedrohungen wie Klimawandel, Krieg und Militarisierung erhalten solche politischen Slogans des 20. Jahrhunderts neuen Sinn.
„Das Gefühl der Ohnmacht ist geschrumpft. Die Zukunft hat Konturen angenommen“ – das wächst nur in gemeinsamer Anstrengung. Was es dafür braucht? Räume politischer Bildung und kontroverser Diskussion! Wer solche Räume schließt und strukturell Konformitätsdruck erzeugt, muss sich nicht wundern, wenn rechtsradikale Parteien Auftrieb erhalten. Demokratie verliert aber auch an Zuspruch, wenn Menschen das Gefühl haben, anonymen Marktkräften wie steigenden Mieten in einem Szenario ausgeliefert zu sein, in dem milliardenschwere Vergünstigungen für Großkonzerne massivem Druck auf die Sozialsysteme gegenüberstehen.
Was es daher braucht: Eine demokratischere Form von Wirtschaft, den Raum für Beteiligung und Teilhabe der Menschen selbst. Eine Gesellschaft, in der Menschen nicht „eine passive Rolle im Produzieren“ haben, wie die Theologin Dorothee Sölle kritisierte, sondern selbst aktiv Arbeit und Leben mitgestalten.
Unsere Gesellschaft ist erwachsen aus den Träumen engagierter Menschen und sozialer Bewegungen der vergangenen Jahrtausende.
Trainieren wir unseren „Utopien-Muskel“!
Dazu laden wir Sie immer wieder ein, in die Evangelische Akademie Tutzing.
Ihre
Katharina Hirschbrunn
Studienleiterin