EUROPA AM SCHEIDEWEG
Dass Europa sich in einer kritischen Phase befindet ist unübersehbar: Brexit, Haushaltsstreit mit Italien, Uneinigkeit in der Flüchtlingsfrage, Erstarken nationalistisch-populistischer Parteien, die innenpolitische Krise in Frankreich und nur zögerliche Reaktionen auf die Reformvorschläge von EU-Kommission und Präsident Macron… Die europäische Begeisterung, der europäische Schwung – sie sind dahin. Europa scheint kaum noch positive Emotionen zu wecken, eher kritisch-skeptische Abwehr der „Brüsseler Demokratie“.
Der Druck auf Europa ist groß – von außen ebenso von innen. Von außen fordern die autoritären Staaten (allen voran Türkei, Russland und China) und auch Donald Trump mit seinem America-First-Kurs und einer isolationistischen und protektionistischen Außen- und Wirtschaftspolitik die europäischen Demokratien heraus. Die Zahl an zuverlässigen Partnern außerhalb der EU schwindet. Internationale Errungenschaften wie das Pariser Weltklimaabkommen, globale Handelsregeln oder der UN-Migrationspakt sind in Gefahr oder bereits gescheitert. Und auch von innen wird die Europäische Union angegriffen – von Rechtspopulisten und Nationalisten (ob die ungarischen Fidesz, die polnische PiS, die österreichischen FPÖ, die deutschen Rechtspopulisten der AfD oder die italienischen Rechten der Lega). Europa hat so viele Gegner wie nie zuvor. Was soll aus Europa werden?
2019 steht Europa am Scheideweg: Das Europäische Parlament wird neu gewählt, die Kommission wird neu aufgestellt und die Staats- und Regierungschefs müssen über die Nachfolge von EU-Ratspräsident Donald Tusk entscheiden. Bleibt Europa liberal und weltoffen, getragen von ihrer Gründungsidee einer transnationalen Demokratie – oder wird es zu- nehmend zerstritten und nationalistisch? Was ist zu tun, um Schaden von Europa abzuwenden? Wie kann man neue Begeisterung wecken, wie die Bürger für Europa gewinnen? Welche Visionen und Zukunftsentwürfe könnten es sein? Welche praktischen Reformschritte sind notwendig, um Europa zu erneuern: ein europäischer Investitionsfonds und/oder Währungsfonds, eine europäische Arbeitslosen-(Rück)Versicherung, gar eine Sozial- und Fiskalunion oder eine europäische Armee? Braucht Europa mehr Integration (und auf welchem Feld) oder weniger? Das sind viele Fragen und viel Stoff für notwendige und leidenschaftliche Debatten!
Wir laden Sie herzlich ein zur Frühjahrstagung des Politischen Clubs in die Evangelische Akademie Tutzing.
Udo Hahn, Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing
Dr. Wolfgang Thierse, Bundestagspräsident a.D., Leiter des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie Tutzing