Zum Tod von Klaus Bölling
Ich hatte gerade mein neues Aufgabengebiet des Pressereferenten übernommen, da kam eines Tages im Schlosspark der frühere Direktor Claus-Jürgen Ropeke auf mich zu – im Schlepptau einen Mann, den ich aus dem Fernsehen gut kannte: Klaus Bölling. „Darf ich Ihnen den neuen Leiter unseres Politischen Clubs vorstellen?“, fragte Roepke mich. „Ja bitte, gerne“, erwiderte ich. Nach dem Austausch der obligatorischen Höflichkeiten hatte Roepke sich zurückgezogen. Jetzt war ich mit Klaus Bölling alleine. „Wir sind wohl beide neu hier“, eröffnete Bölling das Gespräch. „Ja, seit ein paar Wochen“, entgegnete ich ihm. „Wird schon werden“, sagte Bölling. „Ja, wird schon werden, hoffe ich auch“, sagte ich. Dann erzählten wir uns aus unserem Leben. Er aus seinem reichhaltigen. Ich aus meinem weniger reichhaltigen. Abschließend drückten wir uns die Hand und wünschten uns gutes Gelingen für die Zukunft. „Ach ja“, sagte Bölling, „hier habe ich noch etwas für Sie.“ Er zog ein Buch aus seiner Aktentasche und überreichte es mir. „Das könnte Sie interessieren“: Die letzten 30 Tage des Kanzlers Helmut Schmidt. Ich bedankte mich mit einer Verbeugung und las in den kommenden Wochen das Buch mit großem Gewinn.
1991 also hatte der weltgewandte Journalist Klaus Bölling als Nachfolger des Politikwissenschaftlers Prof. Dr. Paul Noack die Leitung des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie Tutzing übernommen. Bölling war gebürtiger Potsdamer – getauft in der ehemaligen Garnisonskirche der Stadt – und lebte in Berlin als freier Journalist. Von 1966 bis 1969 war er Chefredakteur beim Norddeutschen Rundfunk, von 1969 bis 1973 Leiter des ARD-Studios in Washington und Chefkorrespondent des Deutschen Fernsehens in den USA. 1974 wurde Bölling – zwischenzeitlich Intendant von Radio Bremen – von Helmut Schmidt zum Regierungssprecher berufen. Im Februar 1981 übernahm er die Leitung der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in der Deutschen Demokratischen Republik. Kurz vor Ende der sozial-liberalen Koalition kehrte er 1982 wieder in sein altes Amt nach Bonn zurück.
Mit Klaus Bölling hatte die Akademie einen Clubleiter gewonnen, der insbesondere den Prozess der deutschen Einigung mit einem entsprechenden Tagungsangebot begleiten konnte, so beispielsweise mit seiner ersten Tagung „Deutsche zweier Klassen?“. Es folgten weitere Veranstaltungen mit den Titeln „Deutschlands Rolle in der Welt von morgen“ oder „Dämon Deutschland?“, die sich das Ziel einer Standortbestimmung Deutschlands in Europa gesetzt hatten. In der Sommertagung des Politischen Clubs 1992 analysierte Bölling mit Manfred Stolpe, damals Ministerpräsident des Landes Brandenburg, die Formen einer deutsch-polnischen Zusammenarbeit.
Am 27. Mai 1993 wurde Klaus Bölling von Akademiedirektor Dr. Friedemann Greiner aus dem Amt des Clubleiters verabschiedet. Die Nachfolge trat Karl Moersch (FDP) an. Gestern, am 2. November 2014, starb der Publizist und leidenschaftliche Journalist Klaus Bölling im Alter von 86 Jahren. Die Evangelische Akademie Tutzing wird ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.
Axel Schwanebeck
Ein aufmerksamer Zuhörer: Klaus Bölling (Foto: Dirk Bleicker)