„JE WEITER SICH EINE GESELLSCHAFT VON DER WAHRHEIT ENTFERNT, DESTO MEHR WIRD SIE JENE HASSEN, DIE SIE AUSSPRECHEN.“ George Orwell
In einigen Landern Mittel- und Osteuropas sind in den letzten zehn Jahren erstarkende autoritäre Tendenzen zu beobachten, die sich unverhohlen altbekannter Unterdrückungs- und Diskriminierungsmechanismen bedienen. Auch Kultur- und Kunstschaffende werden dabei zu Zielscheiben der Machteliten und sehen sich zunehmend Zensur und Erpressung ausgesetzt. Werke werden aus dem öffentlichen Raum, Kunstler aus dem öffentlichen Diskurs verbannt. Diffamierung und Verfolgung sind trotz demokratischer Systeme keine Seltenheit.
So sind der russische Theaterregisseur Kirill Serebrennikov und der ukrainische Filmregisseur Oleg Sentsov de facto politische Gefangene und der Willkur des Systems ausgeliefert. In Ungarn wurden 2017 die Theatermacher Arpad Schilling und Marton Gulyas zu Staatsfeinden erklärt, in Polen mussten Leitende mehrerer Kulturinstitutionen ihre Ämter aufgeben. In Osterreich und Deutschland haben sich Kulturakteure aller Sparten der Bewegung „Die Vielen“ angeschlossen, die sich für Meinungs- und Kunstfreiheit über die Grenzen hinweg einsetzt.
Die Tagung „Zensiert & verfolgt: Kultur unter Druck“ mochte die Lage der kritischen Kulturschaffenden und Intellektuellen in Mittel- und Osteuropa untersuchen: Wie agieren sie angesichts der sich verändernden politischen Bedingungen? Welchen Herausforderungen sehen sie sich ausgesetzt? Welche Strategien und Instrumente stehen ihnen in der digitalisierten und globalisierten Welt zur Verfugung, die alternative, grenzüberschreitende kulturelle und ästhetische Praktiken ermöglichen?
Im internationalen und generationsübergreifenden Diskurs fragen wir auch, wie die Erfahrungen aus nonkonformistischen Bewegungen und Subkulturen der sowjetischen bzw. sozialistischen Zeit heute fruchtbar gemacht werden können. Denn neben den Bürgerrechtsbewegungen forderte auch der Underground das politische System in Zeiten des Kalten Kriegs heraus. Was lasst sich daraus lernen und welche Möglichkeiten gibt es heute fur Kunst- und Kulturschaff ende, um trotz Zensur, Exil und Verfolgung künstlerisch, politisch und ästhetisch wirksam zu sein?
Wir laden herzlich in die Evangelische Akademie Tutzing ein!
Judith Stumptner, Evangelische Akademie Tutzing
Kateryna Stetsevych, Bundeszentrale fur politische Bildung