LIEBE FREUNDINNEN UND FREUNDE DES TUTZINGER SALONS,
im herbst/ wenn alle zeitungen / nach süden fliegen / erzähle ich dir von karavelleneinsamkeit / und von der müdigkeit der Prosaisten
Sprache in Zeiten der politischen Krise. Lyrik als Ort des Schönen und des Grausigen, der Heimat und des Widerstands. Die belarusische Lyrikerin und Übersetzerin Volha Hapeyeva in Lesung und Gespräch über ihr Verhältnis zu Literatur und Sprache, auch – aber nicht nur – im Angesicht des aktuellen Zeitgeschehens.
„ein unbedeutender tag in der geschichte / unbedeutender menschen“ heißt es über einen 13. Oktober in Volha Hapeyevas gleichnamigen Gedicht. Es erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die auf den Straßen ihrer Heimatstadt den Verletzungen eines Schrapnellsplitters erliegt – Kollateralschaden im Mörserbeschuss. Die Tragik der politischen Situation in Belarus sowie in vielen anderen Ländern, in denen Gewalt herrscht, entfaltet sich in diesem Einzelschicksal des „unbedeutenden Menschen“.
Die Bedeutung des Großen im vermeintlich Kleinen darzustellen, ist ein Gestus, der sich in vielen Texten Volha Hapeyevas findet. Aus scheinbar Alltäglichem, denn was ist schon Alltag, schafft sie Gleichnisse. Sie reflektiert über Miteinander und Ohneeinander, darüber, mit sich zu sein oder eben nicht. Über Arbeit und sich Abarbeiten, den Wert und die Rolle von Kunst in einer Gesellschaft und für das Individuum. Dabei – und im Moment mehr als je zuvor – gehen Sprache und Widerstand für sie einher. So wird sich auch der Tutzinger Salon mit der Lyrikerin Hapeyeva sowohl mit dem einen, dem großen Politischen als auch mit dem anderen, dem scheinbar kleinen Einzelnen befassen.
Zu einem besonderen Erlebnis wird der Abend durch die musikalische Begleitung des Cellisten Jost-Heinrich Hecker.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch
Alix Michell
Studienleiterin für Kunst, Kultur, Digitales und Bildung Evangelische Akademie Tutzing