Erst kam Covid, dann die Depression.
Hannah Schultheiß auf zeit.de
Hannah Schultheiß auf zeit.de
Dass Depressionen die neue Volkskrankheit sind, ist allenthalben zu hören. Dass sie während der Corona-Pandemie zugenommen haben, ist ebenfalls gängige Meinung: Die Sorge um die eigene Gesundheit, Homeoffice, Homeschooling, finanzielle Engpässe und Ängste um den Arbeitsplatz oder gar das eigene Unternehmen, Kinderbetreuung und Stress in der Familie auf engstem Raum, nicht zu vergessen die Einsamkeit des Zimmers im Senior:innenwohnheim, in das kein Besuch mehr kommen durfte – all das habe zu einem Anstieg depressiver Erkrankungen geführt. Und kaum scheint ein Ende der Corona-Pandemie in Sicht, geraten wir in eine beängstigende weltpolitische Krise, die niemand vorausgeahnt hat. Folgt nun eine „Pandemie“ der Depression? Wie gestaltet sich die Situation mit einem Blick auf die tatsächlichen Zahlen? Sind in Deutschland zuletzt wirklich mehr Menschen depressiv erkrankt? Hat der gesellschaftliche Ausnahmezustand der vergangenen Jahre Depressionen erst hervorgerufen, begünstigt oder bereits Bestehendes mit Verzögerung ans Licht gebracht?
Dabei gilt, dass nicht jedes Gefühl der Niedergeschlagenheit, nicht jeder sorgenvolle Blick in die Zukunft und nicht jede Wahrnehmung, am Ende der Kräfte zu sein, gleich schon eine Depression bedeuten. Es gilt zu unterscheiden, damit nicht vorschnell unangenehme und negative Gefühle pathologisiert und zugleich echte depressive Erkrankungen bagatellisiert werden. Das gilt auch im Berufsleben: Es ist gut, dass hier über Depressionen und Burn-out zunehmend offen gesprochen wird. Aber nicht in jeder stressigen Phase wandeln wir gleich auf der Kante zum Burn-out. Problematisch wird es, wenn Burn-out zum hippen Baustein der eigenen Berufsbiografie wird, nach dem Motto: Wer nie an Burn-out litt, hat wohl nie richtig performt!
Jenseits der Modenarrative zu verstehen, was eigentlich genau eine Depression ist, kann helfen, Situationen differenziert zu betrachten und Menschen die Unterstützung zukommen zu lassen, die für ihre jeweilige Situation angemessen ist. Was genau hilft in welcher Krise? Psychopharmaka, wo es nicht anders geht, vor allem aber Psychotherapie, Gesprächsangebote, Aufklärung und Arbeit zur Entstigmatisierung. Rechtzeitige Beratung, Krisendienst und Seelsorge mögen gar das Schlimmste verhindern. Die Möglichkeiten, präventiv und akut mit Depressionen und ihren Verwandten umzugehen, sind vielfältig – und vielversprechend! Neu auf dem Markt sind etwa digitale Gesundheitsanwendungen, die eine Therapie begleiten können: der Therapeut auf dem Smartphone?
Was hilft in der Krise? Was macht stark gegen Depression? Wir laden Sie herzlich ein zur 5. Depressionstagung des Münchner Bündnisses gegen Depression und der Evangelischen Akademie Tutzing!
Pfr. Dr. Hendrik Meyer-Magister,
Studienleiter, Evangelische Akademie Tutzing
Prof. Dr. Peter Brieger
Vorstandsvorsitzender, Münchner Bündnis gegen Depression e.V.
Ute Thomas
Geschäftsführerin, Münchner Bündnis gegen Depression e.V.