„Nur nicht zur Last fallen...“
...so titulierte die Versorgungsforscherin Sabine Pleschberger (Wien) 2005 ihr Buch, in dem sie Interviews mit Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen ausgewertet hatte. Die Erkenntnis, dass Menschen sich als Last empfinden, hat damals die noch jungen Bemühungen um eine neue Sorgekultur beflügelt. Sieben Jahre zuvor hatte der damalige Präsident der Bundesärztekammer, Karsten Vilmar, den Begriff des „sozial-verträglichen Frühablebens“ halb ironisch und halb ernst ins Gespräch gebracht. Es wurde zum Unwort des Jahres 1998. Später tauchte es immer wieder in satirischen Zusammenhängen auf. Damit die Realität die Satire nicht eines Tages überholt, müssen Grundfragen der sozialen Gerechtigkeit, der Solidarität und des Miteinanders der Generationen in einer älter werdenden Gesellschaft auf der Tagesordnung bleiben.
Rationalisierung und Leistungseinschränkungen im Gesundheitswesen gibt es überall auf der Welt. Sie fallen besonders dort auf, wo Reichtum, Fortschritt und eine gute gesundheitliche Versorgung existieren. Auch auf hohem Niveau gibt es Verteilungskämpfe! Manche spielen sich schweigend und im Hintergrund ab, andere werden laut und immer lauter geführt. Menschen am Ende eines langen Arbeitslebens haben ein Recht auf Sorge und sollten sich niemals als Last empfinden müssen. Doch die Generation, die unsere Gesellschaft morgen und übermorgen stemmen und erhalten soll, sorgt sich zu Recht auch um sich.
Gespräche zwischen den Generationen sind heute genauso wichtig, wie zwischen Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher Ansätze einer solidarischen Gesellschaft. Wenn wir das Morgen technisch, wirtschaftlich und konfliktfrei gestalten wollen, müssen solche Fragen heute diskutiert werden. Diese Diskussionen können zu unbequemen Lösungen führen – von Rationalisierung bis Kostensteigerung. Dennoch sollte ernsthaft um sie gerungen werden. Andernfalls würde der Ton in der Gesellschaft bald rauer und die Schwachen und Stimmlosen blieben auf der Strecke.
Bei dieser Tagung wollen wir (auch unter einem diakonischen Blickwinkel) die nötigen Fragen formulieren und Impulse zum Weiterdenken setzen. Dazu laden wir herzlich in die Evangelische Akademie Tutzing an den Starnberger See ein.
Pfarrer Frank Kittelberger
Studienleiter für Ethik in Medizin und Gesundheitswesen, Pastoralpsychologie und Spiritual Care, Evangelische Akademie Tutzing
Dr. Barbara Erxleben
Referentin mit Schwerpunkt Hospiz, Gemeinwesenorientierte Altenarbeit und Familienpflege, Diakonisches Werk Bayern e.V.,
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