FAKTOR RELIGION
In zahlreichen Ländern weltweit sind Staat und Kirche(n), Religion und Staat getrennt. In Deutschland hat sich ein Modell entwickelt, das nicht nur die Kooperation zulässt, sondern explizit fördert. Die Ergänzung (Kooption) staatlichen Handelns, und eben die explizite Zusammenarbeit (Kooperation) mit dem Staat speisen sich aus Überlegungen und Erfahrungen, wonach der Staat ausdrücklich die Kräfte der Zivilgesellschaft – darunter auch die Kirchen – unterstützt bzw. sich ihres Knowhows bedient. Durch Kooption und Kooperation schafft der Staat zugleich die Basis, dass seine Bürgerinnen und Bürger die Wahlfreiheit haben, also unterschiedliche Angebote säkularer und kirchlicher Träger nutzen zu können. Dieses Modell hat sich in Deutschland bewährt.
Religion ist ein Faktor – und er bleibt es auch in den Ländern der westlichen Welt, ungeachtet der dort fortschreitenden Säkularisierung und des Mitgliederverlusts der Kirchen. Religion war und ist (und bleibt) ein Faktor in Südafrika. Ohne den Einfluss der Kirche im Land selbst und ohne die internationale Vernetzung der Kirchen wäre die Abschaffung der Apartheid nicht möglich gewesen. Mit dem Ende der Apartheid 1994 entstand ein neues Südafrika – mit einer der modernsten Verfassungen weltweit. Auch nach einem Vierteljahrhundert ist die Zivilgesellschaft Südafrikas – mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften – noch im Werden. Dies gilt ebenso für das gesellschaftspolitische Engagement der Kirchen und die Frage, wie die Kirchen Verantwortung übernehmen können für die Gestaltung des Gemeinwesens.
Die Tagung will das Thema grundlegend untersuchen und lädt deshalb Teilnehmende aus Deutschland und Südafrika zum Erfahrungsaustausch ein sowie zur Entwicklung weiterführender Perspektiven.
Die Informations- und Bildungsarbeit des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) misst Afrika eine besondere Bedeutung bei. Überdies versteht sie Entwicklungspolitik als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei deren Gestaltung die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und ihren Netzwerken wichtig ist. Der zielgerichtete Austausch – auch international – bringt Akteure unterschiedlicher Bereiche und Ebenen zusammen, die eine wichtige Multiplikatorenfunktion haben. Viele Nichtregierungsorganisationen verfügen über Erfahrungen, die über die Informations- und Bildungsarbeit fruchtbar gemacht werden können. Diese Dialog- und Kooperationsprozesse im Sinne der Netzwerkkultur weiterzuentwickeln, ist auch das Ziel der Tagung.
Wir laden Sie herzlich ein zum Diskurs in der Evangelischen Akademie Tutzing!
Udo Hahn, Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing
Dr. Renier Koegelenberg, Leiter der Ecumenical Foundation of Southern Africa