DAS CHRISTENTUM IST IMMER AUCH POLITISCH.
Von seinen biblischen Anfängen an ist der christliche Glaube nicht nur eine Sache frommer Innerlichkeit oder kirchlicher Gemeinschaft gewesen, sondern es hat stets auch den Anspruch vertreten, Gesellschaft und Politik im Geist des Evangeliums zu gestalten.
Im Nachkriegsdeutschland verdankt sich das politische Engagement des Protestantismus insbesondere der Lernerfahrung, dass die Kirche im Nationalsozialismus ihre Stimme denen hätte leihen sollen, die vom Regime zum Schweigen gebracht worden waren und dass sie der Verbannung der Religion aus der Öffentlichkeit ins Private zu wenig Widerstand entgegengesetzt hatte. Die Barmer Theologische Erklärung der Bekennenden Kirche von 1934 formuliert in ihrem zweiten Artikel den Öffentlichkeitsanspruch des Evangeliums markant. Und während es in der DDR bei der Konfrontation zwischen Staat und Kirche bleibt, ist in der Bundesrepublik die Bereitschaft stark, dieses Selbstbewusstsein der Kirche anzuerkennen. Der Loccumer Vertrag von 1955 manifestiert dies und wird stilbildend für das Klima zwischen Kirche und Staat.
In der Bonner Republik und vollends in der Berliner Republik vollziehen sich Wandlungen. Bald bewirken Emanzipationsprozesse und Partizipationsbewegungen, dass kirchliche Öffentlichkeitsverantwortung nicht mehr nur eine Angelegenheit der Kirchenleitung ist, sondern zunehmend zur Sache aller und zur Aufgabe persönlichen politischen Engagements wird. Der gesellschaftliche Bedeutungsverlust der Kirchen führt zusätzlich dazu, dass sie immer weniger eine Zuständigkeit fürs allgemein Gültige und Verbindliche beanspruchen können. Stattdessen müssen sie sich immer stärker als einer unter vielen gleichberechtigten zivilgesellschaftlichen Akteursverbänden begreifen.
An wen richtet sich das politische Engagement des Protestantismus? Die gesellschaftliche Öffentlichkeit, die politischen Entscheidungsinstanzen, das kirchliche Publikum? In welchen historischen, ökumenischen, interreligiösen sowie internationalen Kontexten steht es? In wessen Namen spricht, wer im Namen des Christentums seine Stimme erhebt? Sind die politischen Positionierungen der evangelischen Kirche prognostizierbar geworden? Ist das eine Stärke oder eine Schwäche?
Das Symposium geht diesen und anderen Fragen nach, nimmt aber auch exemplarisch Bezug auf das Wirken des Öffentlichen Theologen Heinrich Bedford-Strohm, der sich als Sozialethiker, langjähriger Landesbischof und Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in theoretischen Überlegungen wie im praktischen Engagement um die politische Präsenz der evangelischen Kirche bemüht hat.
Kommen Sie und diskutieren Sie mit! Herzliche Einladung in das Schloss Tutzing!
Oberkirchenrat Stefan Reimers, Ständiger Vertreter des Landesbischofs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
Pfr. Udo Hahn, Evangelische Akademie Tutzing
Prof. Dr. Christian Albrecht, Evangelisch-Theologische Fakultät der Ludwig-Maximillians-Universität München
Kirchenrätin Sandra Bach, Persönliche Referentin des Landesbischofs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
Die Evangelische Akademie Tutzing ist Mitglied der Evangelischen Akademien in Deutschland (EAD) e.V., Berlin