„Stell Dich nicht so an!“
– so persiflierte ein wütender Blogger die verharmlosende Darstellung psychischer Leiden in einem Beitrag der Süddeutschen Zeitung (19.01.2019). Es ist ein harter Satz, der unsere Schwierigkeit im Umgang mit den Stimmungen anderer Mensch zeigt. Für jemanden, der oder die sich hängen lässt und nur einen Anstoß braucht, mag er passen. Einen anderen Menschen, der – vielleicht unerkannt – ernsthaft krank ist, wird er verletzen. Depression ist eine schwere und nicht selten zu wenig beachtete Erkrankung! In Konkurrenz dazu tritt der unschärfere Begriff des „Burnout“ als Sammlung von Symptomen, aber auch als sprachliche Kippfigur. In der unübersichtlichen Gemengelage zwischen Modeerscheinung, mannigfaltig verursachter Verstimmung und psychischer Erkrankung tun Differenzierungen Not!
Die Weltgesundheitsorganisation, die schon lange über eine klare Definition von Depression verfügt, arbeitet inzwischen an einer genaueren Klassifikation von Burnout. Zumindest für den Stress im Beruf ist das Phänomen nun genauer charakterisiert. Ob das genügt? Die Erfahrung zeigt, dass die Symptome auch andere Ursachen haben können. Der wissenschaftliche Streit darüber ist noch nicht entschieden. Im Alltag treffen wir auf vielerlei Gründe, die zur Verstimmung, zur tiefen Traurigkeit und Lustlosigkeit und zum “Ausgebrannt-und-leer-Sein“ sein führen können. Davon zu unterscheiden ist die Krankheit Depression mit ihren vielfältigen Ursachen, die im Inneren eines Menschen genauso liegen können, wie in äußeren Umständen.
Auch die Diskussion um therapeutische Hilfen im Gegensatz zu eigenen Anstrengungen und einer gesunden Lebensweise ist in vollem Gang. Wirtschaft und Arbeitswelt beklagen die Zunahme an psychischen Krankheiten, an Störungen der Motivation und Arbeitslust sowie am immer häufiger diagnostizierten „Burnout“. Auch in dieser Debatte verwischen die Grenzen zwischen psychischer Krankheit, temporärer Verstimmung oder schlichter Überlastung. Die Begriffe werden unscharf. Dabei ist unbestritten, dass nicht nur die Arbeitswelt großen Einfluss auf die Befindlichkeit von Menschen hat, sondern dass diese Befindlichkeit umgekehrt auch die Fähigkeit und Motivation zu guter und sinngebender Arbeit beeinflusst. Solche Wechselwirkungen werden für alle Beteiligten zu einem Teufelskreis.
Die Tagung will die genannten Aspekte aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten, möglichst zur Begriffsklärung beitragen und Lösungen aufzeigen. Zur Diskussion laden wir herzlich zur vierten Depressionstagung in die Evangelische Akademie Tutzing an den Starnberger See ein.
Dr. med. Joachim Hein
ehem. Vorstandsvorsitzender Münchner Bündnis gegen Depression e.V., München
Prof. Dr. Dr. med. Martin E. Keck
Vorstandsvorsitzender, Münchner Bündnis gegen Depression e.V., München
Pfr. Frank Kittelberger
Studienleiter, Evangelische Akademie Tutzing