„DIE FAST UNLÖSBARE AUFGABE BESTEHT DARIN, WEDER VON DER MACHT DER ANDEREN, NOCH VON DER EIGENEN OHNMACHT SICH DUMM MACHEN ZU LASSEN."
Theodor W. Adorno (1903-1969)
„Seit ich denken kann, bin ich glücklich gewesen mit dem Lied: ‚Zwischen Berg und tiefem, tiefem Tal‘: von den zwei Hasen … " – allein dieser Aphorismus in dem Büchlein Minima Moralia (erstmals 1951 erschienen) zeigt Theodor W. Adornos Passion, Kunst, Sensibilität, Manie, Zartheit und Berserkerwut: Wie dem verstörten Weltlauf Hoffnung abzuringen, wie im wunden Leben Heiles zu bescheren, wie unter Barbarischem am Humanum festzuhalten?
Der Spiegel fragt ihn 1969: „Herr Professor, gestern schien die Welt noch in Ordnung." Darauf Adorno: „Mir nicht." Ja, seine Negative Dialektik, dem Wahren, die Minima Moralia, dem Guten, seine Ästhetische Theorie, dem Schönen und dem Hoffen gewidmet, sind anstrengende Kost. Akribisch sondiert Adorno den alltäglichen Wahnsinn, was unser Zerstörerisches kostet. Nicht ohne auf‘s Köstlichste zu pochen: Liebe, Zärtlichkeit, Nähe, Geborgenheit, Lust, Trost und Einspruch.
Minima Moralia war, ja ist vielen Unfrommen eine linkshändische Bibel. Eher Wegzehrung als Buch, voll wütend, weltenwendlerisch, rebellischem Furor, gleichviel entsetzt, traurig, andächtig und still. Was wußten wir Studierende schon von universaler Warenform, hedonistischem Kapitalismus, Dialektik der Aufklärung, Triebstruktur und Gesellschaft, totalitärer Fungibilität, oder einer gestürzten Metaphysik? Und wer bot Mythos wie Märchen, Musik, Spiel, Traum und Religion auf wie Adorno für Bilder, Gesten, Refugien, Oasen, Fluchten schrankenlosen Glücks?
Adorno, die Kritische Theorie galt freilich auch als ätzend negativ. Mit Häme und Spott schalt man sie Grand Hotel Abgrund. Wie zum Trotz aber logieren dort die Apostel einer alten utopischen Welt im messianischen Licht: dass zwischen Menschen Intimes, Nachsicht, Duldung, liebende Sorge, bewahrende Hände und Friede herrsche, Solidarität die Zärtlichkeit der Völker sei.
Wir träumen Paradies und handeln Fabrik? Dann wollen wir miteinander in Minima Moralia blättern und im Kaputten nach dem Unkaputtbaren suchen und es uns zeigen, was uns hilft.
Dazu laden wir Sie in die Evangelische Akademie Tutzing ein!
Pfr. Dr. phil. Jochen Wagner
Studienleiter, Evangelische Akademie Tutzing
Beate Passow
Künstlerin, München