Jürgen Mittelstraß
So lautet der leicht gekürzte technologische Imperativ, den der Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Jürgen Mittelstraß aufstellt. Einfacher gesagt: In der „Leonardo-Welt" braucht es nicht nur den technischen Fortschritt, sondern auch seine moralische Begleitung.
Wir leben längst in der genannten Leonardo-Welt. Der Mensch schafft sich seine Welt, er produziert künstliche Dinge. Er schafft sich Werkzeuge, um wiederum andere Dinge zu schaffen. Dabei bietet vielfältiges Wissen die nötige Orientierung. Der moderne Mensch ist Homo sapiens und Homo faber zugleich – wie der berühmte Leonardo da Vinci.
Da Vinci – so heißt auch ein Operationsroboter der modernsten Generation. Zufall oder List der Vernunft? Ein menschengemachtes Werkzeug, höchster Ausdruck menschlicher Ingenieurs- und Programmierkunst. KI-basierte High-End-Medizintechnik, von der Patientinnen und Patienten mehr und mehr auch abseits der Unikliniken profitieren: Leonardo at his best!
Kein Zweifel: OP-Roboter dienen dem Erhalt des Lebens. Mit ihnen lässt sich schonender, präziser und auch fehlerfreier operieren – bei gleichbleibender Sicherheit. Wer wollte nicht bei einem lebenswichtigen Eingriff mit der besten Technik operiert werden?
Und dennoch stellen sich Fragen: Was geschieht mit und zwischen den Menschen im OP, wenn die Chirurgin an der Konsole sitzt, während die Operationsarme sich wie von Geisterhand über die Patientin senken? Ihre einzige Verbindung: der Da Vinci-Hochleistungsrechner. Können wir noch sagen, dass der Roboter nur der verlängerte Arm der Chirurgin ist? Oder ist er nicht längst mehr als ein Werkzeug?
Was bedeutet es, wenn Da Vinci zukünftig nicht nur ausführt, was die Operateurin vorgibt, sondern auch aufgrund der gesammelten Daten die nächsten Schnitte vorschlägt? Gewinnt die Technik hier nicht längst eine ganz eigene Rationalität? Handelt und entscheidet dann noch der Mensch, der operiert, allein oder tut er das nicht längst gemeinsam mit der Maschine? Wird die KI den Menschen am Ende ganz ersetzen? Und wer trägt die Verantwortung, wenn die vom Roboter vorgeschlagene Behandlung doch fehlschlägt? Oder wenn die Chirurgin doch lieber ihrer Intuition und Erfahrung vertraut als den Algorithmen?
Wir möchten mit führenden Wissenschaftlern auf dem Feld der Operationsrobotik über diese und andere Fragen ins Nachdenken kommen. Seien Sie dabei!
Prof. Dr. Dr. h. c. Reinhold Lang, Krankenhaus Weilheim-Schongau
Pfr. Dr. Hendrik Meyer-Magister, Studienleiter, Evangelische Akademie Tutzing