EUROPAS HERZ SCHLÄGT IN KYIV.
Bernard-Henri Lévy am 2. März 2014 auf dem Maidan
Vor fünf Jahren erreichten erste Bilder von friedlich Protestierenden aus der Ukraine die mediale Weltöffentlichkeit. Die Menschen errichteten auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kyiv eine Zeltstadt und Suppenküchen, eine Bibliothek sowie eine offene Universität. Man sah ein Meer aus ukrainischen und europäischen Fahnen. Acht Wochen später hatten sich die Bilder verändert. Sie zeigten vereiste Barrikaden, brennende Reifen, umherfliegende Pflastersteine, vermummte Menschen, bewaffnete Polizisten und schließlich Verletzte und Tote.
So sehr sich diese Bilder unterscheiden, so verschieden sind auch die mit dem Maidan verknüpften Auslegungen: Zum einen avancierte die Bewegung des Maidan zu einem Symbol für die Freiheit und die europäische Demokratie, mit denen die Protestierenden Menschenrechte, humanistische Werte, Solidarität, Selbstbestimmung und das Recht auf friedlichen Widerstand verbanden. Zum anderen wurde der Maidan als Symbol für Gewalt, Krieg und Propaganda instrumentalisiert. Er generierte eine neue Dynamik in der ukrainischen Gesellschaft, die in zahlreiche zivilgesellschaftliche, kulturelle und politische Initiativen mündete. Er wird aber auch als eine Zäsur gedeutet, die den Staat und die Gesellschaft in eine fragile Lage versetzt – zwischen Transformation, Krieg und dem Bestreben, ein altes System hinter sich zu lassen, eine funktionierende demokratische Ordnung herzustellen, die Vergangenheit zu überwinden und eine Zukunft für eine gerechte Gesellschaft zu gestalten.
Die Tagung unternimmt den Versuch, die verschiedenen Lesarten der „Revolution der Würde“ zu kartieren und zu erkunden. Gespräche, Vorträge, Diskussionen und Begegnungen lassen Raum für politische, soziale, kulturelle, künstlerische, lokale und internationale Interpretationen.
Im Zentrum stehen dabei folgende Fragen: Welche Auswirkungen haben die Proteste von 2013/14 auf das gesellschaftliche Zusammenleben? Wie sehen die geopolitischen Folgen der Maidan-Proteste und des Krieges im Osten der Ukraine aus? Welche Interpretationen des Maidan haben Bestand im Kontext des Krieges? Wie werden der Maidan und seine Ästhetiken reflektiert?
Diskutieren Sie mit Menschen, die den Maidan erlebt und gestaltet haben, die sich für die stärker werdende Zivilgesellschaft engagieren und im ukrainischen wie europäischen Diskurs ihre Stimmen erheben.
Herzliche Einladung in die Evangelische Akademie Tutzing!
Judith Stumptner, Evangelische Akademie Tutzing
Kateryna Stetsevych, Bundeszentrale für politische Bildung
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