BEDROHTE NORMALITÄT
Jüdisches Leben fördern – das ist heute Staatsräson in Deutschland. Sie entstand auf dem größten Zivilisationsbruch des 20. Jahrhunderts, der Shoah. Sechs Millionen Juden kostete der nationalsozialistische Völkermord das Leben. Nie wieder soll so etwas geschehen.
Christlich-jüdisch nennen wir die Prägung Deutschlands und weiter Teile Europas. Das stimmt. Doch oft war das Zusammenleben mehr von einem Nebeneinander, gar von Feindschaft gegenüber Juden geprägt. Der Blick in die Geschichte zeigt auch, dass Jüdinnen und Juden Wissenschaft, Kunst, Kultur und Literatur in besonderer Weise bereicherten und prägten.
Knapp 100.000 Juden leben derzeit in Deutschland. Der weit überwiegende Teil ist vor mehr als zwanzig Jahren aus der ehemaligen Sowjetunion gekommen. Jüdisches Leben ist wieder sichtbar. Neue Synagogen entstanden, es wurden jüdische Schulen und Kultureinrichtungen eröffnet. Können Jüdinnen und Juden also wieder normal in Deutschland leben? Ist Normalität nach Auschwitz überhaupt möglich? Was bedeutet es, dass Schulen mit Panzerglasfenstern ausgestattet werden müssen und vor Synagogen ständige Polizeipräsenz besteht? Wie kann verhindert werden, dass sich Antisemitismus erneut im Alltag breitmacht?
Diese und weitere Fragen wollen wir mit einer Schriftstellerin, einer Historikerin, einem Psychologen und einem Journalisten diskutieren. Wir laden Sie herzlich in das Schloss Tutzing ein, Erfahrungen zu reflektieren und über Perspektiven jüdischen Lebens zu diskutieren.
Udo Hahn, Direktor, Evangelische Akademie Tutzing