DER MENSCH LEBT NICHT VOM BROT ALLEIN
Matthäus 4,4
Der biblische Hinweis, dass wir nicht von Nahrung allein leben, könnte im Umkehrschluss heißen, dass wir auch nicht allein am Mangel von Nahrung sterben. Um die Implikationen einer solchen Schlussfolgerung drehen sich letztlich alle Diskussionen und Positionen in der Debatte um das Sterbefasten.
Schon die Wahl der Worte markiert oftmals ethische Grundentscheidungen. Wird mit dem Wort „Fasten“ etwas durchaus Wertvolles, fast schon Religiöses, irgendwie aber auch Heilsames markiert, weist der eher technische Begriff „Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit“ in einen rationalen und – hoffentlich – regelbaren Bereich. Erscheint es dem einen Betrachter als ein ganz natürlicher Vorgang, ohne Nahrung und Flüssigkeit irgendwann zu sterben, markieren andere dies als klaren Fall von Suizid, über dessen Begleitung oder gar Beihilfe dann wieder trefflich gestritten werden kann. Markieren die einen die Autonomie als einzig gültigen Maßstab für anstehende Entscheidungen (wie immer man Autonomie versteht), betonen andere das Recht und die Pflicht zur Fürsorge – bis hin zur Verhinderung eines solchen Sterbens.
Besonders lebhaft ist diese Diskussion, weil sie medizinisch-pflegerische und sozialpsychologische Fragen ebenso berührt, wie juristische, sozialpolitische und moralische Positionen. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Recht, Kirche und dem Gesundheitswesen müssen sich verständigen mit Betroffenen, Begleiterinnen und Begleitern (z.B. aus der Hospizbewegung), Angehörigen und insgesamt einer in dieser Frage empfindlichen wachsamen und meist hellhörig interessierten Öffentlichkeit.
Wie wir leben ist nicht egal und nicht beliebig. Wie wir sterben auch nicht! Wer uns im Sterben begleitet (oder allein lässt), kann entscheidend sein für das Erleben der letzten Lebensphase, des Abschieds und der Trauer danach. Da von diesem Geschehen immer mehrere Menschen betroffen sind, treffen deren Werte und Grundeinstellungen aufeinander und erzeugen gelegentlich auch belastende Konflikte.
Das Medizin-Theologie-Symposium wird diese Fragen und Einstellungen zur Diskussion stellen. Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen Disziplinen, Beteiligte und Betroffene, sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger sind zu dieser Tagung herzlich an den Starnberger See in die Evangelische Akademie Tutzing eingeladen.
Pfr. Frank Kittelberger
Studienleiter für Ethik in Medizin und Gesundheitswesen, Pastoralpsychologie und Spiritual Care, Evangelische Akademie Tutzing
Prof. Dr. med. Andreas Mackensen
Direktor der Medizinischen Klinik 5 Hämatologie & Internistische Onkologie am Universitätsklinikum Erlangen
Prof. Dr. theol. habil. Arne Manzeschke
Leiter der Fachstelle für Ethik und Anthropologie im Gesundheitswesen der ELKB, Professor für Anthropologie und Ethik für Gesundheitsberufe an der Evangelische Hochschule Nürnberg