Wahlfreiheit ermöglichen im Zeitalter von Genome Editing
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Genome Editing (Gen-Schere) genauso zu regulieren wie die „alte“ Gentechnik, hat viele Wissenschaftler vor den Kopf gestoßen. In einem offenen Brief haben sich mehr als 130 Pflanzenforscher in Deutschland an die Bundesregierung gewandt. Unter der Überschrift „Die Politik ist am Zug“ fordern sie in den bestehenden Gesetzen „zumindest die GVO-Definitionen an den wissenschaftlichen Fortschritt anzupassen“. Nichts zu tun, sei keine Alternative. „Die Anwendung des Genome Editing braucht klare Richtlinien, aber – und das ist essentiell – auf einer deutlich differenzierteren Ebene, als sie pauschal unter die strengen Regularien des Gentechnikgesetzes zu verbannen.“
Verbraucherschutz ist ein hohes Gut. Unstrittig ist, dass landwirtschaftliche Produkte, die mit den neuen Verfahren des Genome Editing hergestellt werden, für Umwelt und Gesundheit unbedenklich sein müssen, um zugelassen zu werden. Zugleich erblicken viele Forscher und Landwirte in den neuen Züchtungsmethoden Chancen für einen nachhaltigen Anbau und eine verbesserte Nutztierhaltung. Doch vermuten sie, dass der Verbraucher die Produkte nicht akzeptiert, wenn diese verpflichtend als Gentechnik gekennzeichnet werden müssen. Laut der EU-Verordnung 1830/2003 verfolgt die Kennzeichnung den Zweck, „dass den Beteiligten und den Verbrauchern genaue Informationen zur Verfügung stehen und diese damit in die Lage versetzt werden, ihr Recht auf freie Wahl effizient auszuüben.“ Geeignete Nachweisverfahren für den Einsatz von Genome Editing gibt es bisher allerdings nicht. Welche Aussagekraft hat dann aber künftig das Label „Ohne Gentechnik“? Und wie kann der Konsument angesichts dieser Lage eine informierte Entscheidung treffen?
Die Regulierung von Genome Editing berührt zentrale Fragen von Selbstbestimmung und Verantwortung: Was bedeutet in dieser Situation das Recht auf Wahlfreiheit? Und welche Informationen sind notwendig, damit der Verbraucher als Bürger eine verantwortliche Wahl treffen kann? Wir laden Sie herzlich dazu ein, auf dieser Tagung mit uns ethische, rechtliche und sozioökonomische Fragen von Genome Editing in der Landwirtschaft zu diskutieren!
Udo Hahn
Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing
Dr. Stephan Schleissing
Institut Technik-Theologie-Naturwissenschaften an der LMU München und Projektleiter im BMBF-Verbund „Ethische, rechtliche und sozio-ökonomische Aspekte des Genome Editing in der Agrarwirtschaft“ (ELSA-GEA)