DIE WELT IST WAS GEMACHTES, UND DU KRIEGST DEINE TÄGLICHE KOPIE…
Dota Kehr, Sängerin
„…ja, die Welt ist was Gemachtes, bis da und dahin aus Notwendigkeit, und der Rest ist, der Rest ist Utopie." Neben „Normen und Tarifen und den Charts und der Show", welche die Liedermacherin Dota Kehr hier besingt, sind es auch alle Arten von Risiken, die von politischen und gesellschaftlichen Akteuren geformt und gestaltet werden.
Risiken werden dabei unterschiedlich verteilt – zwischen Alt und Jung, heute und morgen, Nord und Süd, zwischen Privilegierten und Unterrepräsentierten. Manchmal wird die gesellschaftliche Risikoverteilung unter den Augen der Öffentlichkeit diskutiert und in demokratischen Prozessen geformt. Anderes scheint selbstverständlich, bleibt unhinterfragt oder ist durch Machtstrukturen verfestigt.
Gesellschaften sind heute komplex und global interdependent – und damit in hohem Maße verletzlich und krisenanfällig. Die Entwicklung von systemischen Gefahren muss daher vorausschauend abgeschätzt, bewertet und eingegrenzt werden. Klimakollaps, Gewalt und Krieg, Finanz- und Wirtschaftskrisen, Climate Engineering, Pandemien, Armut, Stress oder Naturkatastrophen: Wie wandelt unsere kapitalistische Gesellschaft Unsicherheiten in berechenbare Risiken? Wie werden individuelle und kollektive Entscheidungen bezüglich Risiken oder Unsicherheiten beeinflusst?
Der Begriff der „Resilienz" scheint heute gleichsam als Zauberwort und Trostpflaster zu fungieren. Dabei wird der Soziologin Stefanie Graefe zufolge eine „Norm der Selbst- und Menschenführung populär, die die flexible Anpassungsfähigkeit von Subjekten und Systemen" propagiert. Die Verantwortung, auch in Krisen glücklich, erfolgreich und gesund zu bleiben – aber auch etwa die ökologische Verantwortung – wird auf die persönliche Ebene verlagert. Systemische Strukturen und Zusammenhänge werden dadurch unsichtbar gemacht.
Wie ist der Umgang mit Risiko und Resilienz heute zu verstehen, im Kontext von kollabierenden Ökosystemen und Kriegen? Was sind Auswirkungen speziell auf Frauen*, finanziell schwache Menschen und Kinder? Wie kann ein stabiles, sicheres und präventives (Wirtschafts-) System aussehen – frei, mutig und demokratisch gestaltet?
Zu diesen Fragen hören und diskutieren wir Perspektiven aus Politik- und Wirtschaftswissenschaften, aus Philosophie, Soziologie und Theologie sowie aus der Praxis in Psychotherapie und Öko-Aktivismus.
Herzliche Einladung in die Evangelische Akademie Tutzing!
Katharina Hirschbrunn
Studienleiterin für Wirtschaft und Arbeitswelt,
Nachhaltige Entwicklung
Evangelische Akademie Tutzing