RÜCKZUG ODER AUFBRUCH?
Die Zahl der Christinnen und Christen wächst weltweit – nur nicht in Deutschland. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehörten nahezu alle Deutschen einer christlichen Kirche an. In Folge gesellschaftlicher Umwälzungen kam es wiederholt zu größeren Austrittsbewegungen, etwa während der NS-Diktatur und in der DDR, aber auch nach der Wiedervereinigung Anfang der 1990er Jahre. Seit Jahren sinken die Kirchenmitgliederzahlen bundesweit kontinuierlich: zum einen aufgrund der demografischen Entwicklung, zum anderen, weil weniger Menschen getauft werden und viele austreten. 2020 verließen 220.000 Evangelische und 220.000 Katholiken ihre Kirche. Insbesondere aufgrund des Missbrauchsskandals haben die Kirchen an Vertrauen eingebüßt. Die Pandemie, so scheint es, hat den Prozess der Entfremdung noch beschleunigt.
In immer neuen Anläufen entwickeln die Kirchen Reformprozesse. Darin geht es nicht nur um Strukturfragen, sondern auch um eine zeitgemäße Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation. Gerade die letzten beiden Jahre haben einen Kreativitätsschub ausgelöst, unter Corona-Bedingungen den Auftrag der Kirche im Gottesdienst, in der Seelsorge, in Diakonie und Bildung zu erfüllen.
Löst sich die Kirche auf, wie manche fürchten oder gar erwarten? Immerhin engagieren sich etwa eine Million Ehrenamtliche allein in der evangelischen Kirche. Und mit ihrer Diakonie, die rund 600.000 Beschäftigte ausweist, zählt sie zu den größten Arbeitgebern im Land. Aber wozu ist die Kirche eigentlich da? Wie kann sie für junge Menschen attraktiv sein? Kann man auch ohne Kirche Christ sein? Und was habe ich persönlich vom Glauben? Diese und viele weitere Aspekte stehen im Mittelpunkt einer Tagung, die nach der Zukunft der evangelischen Kirche fragt.
Neben Mitarbeitenden der Kirche, die von ihren Erfahrungen und Neuansätzen in ihrer Arbeit berichten, werden auch Menschen zu Wort kommen, die die evangelische Kirche verlassen haben bzw. wieder eingetreten sind.
Wir laden Sie herzlich zur Diskussion in die Evangelische Akademie Tutzing ein!
Pfr. Udo Hahn, Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing