"EINE MEILE IN DEN SCHUHEN DES ANDEREN GEHEN..."
Carl Rogers
So formulierte der Altmeister der humanistischen Psychologie die Haltung der Empathie. Sich in andere einfügen und ihren Blickwinkel einnehmen verlangt vom Begleiter einen Wechsel der Perspektive.
Gerade in moralischen Dilemma-Situationen, wenn unterschiedliche Wünsche und Vorstellungen aufeinander prallen, ist ein Ausweg nur möglich, wenn man aufeinander hört und sich einfühlt. Der Wechsel der Perspektive ist der zentrale Akt einer verantwortungsvollen Ethik.
Der Ethiker Peter Dabrock drückt dies so aus: Ethik ist die Reflexionstheorie von Moral. Wir wissen, dass es nicht nur eine Theorie, sondern auch eine Praxis braucht, wenn verschiedene Moralvorstellungen in kritischen und schwierigen Situationen aufeinandertreffen. Dann beginnt das ethische Handwerk.
Im Kontext von Hospizarbeit und Palliativversorgung sind solche Situationen Alltag. Dabei geht es nicht nur um die Frage von künstlicher Ernährung oder dem Zulassen des Verzichtes auf Nahrung und Flüssigkeit. Es geht manchmal um die Frage des Ortes, an dem ein Mensch seine letzten Tage verbringen will: „Lassen wir ihn zu Hause oder bringen wir ihn noch in ein Heim?“ Es geht um die Frage von Zusammengehörigkeit und Familie: „Holen wir den Bruder aus der Ferne, damit sich der Sterbende noch versöhnen kann, oder lassen wir ihm seine Ruhe?“ Es geht um so viele kleine Dinge und Konflikte. Ethik trifft auf ein breites Feld von möglichen Dilemmata. Was kann Ethikberatung da leisten? Wie muss sie strukturiert sein, damit sie hilft?
Wir widmen uns am diesjährigen Fachtag dieser Frage. Erfahrungen aus Hospizen, Heimen und der ambulanten Arbeit werden diskutiert. Aufgaben, Rollen und Bedingungen guter Beratung werden besprochen. Wir freuen uns auf rege Teilnahme und laden dazu ins Schloss Tutzing ein.
Dr. Tomas Binsack, Bayerische Stiftung Hospiz
Pfr. Frank Kittelberger, Evangelische Akademie Tutzing