NEIN ZUM RECHTSEXTREMISMUS
„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist. Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft, reguliert. Anderseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht von sich aus, das heißt mit den Mitteln des Rechtszwanges und autoritativen Gebots zu garantieren suchen, ohne seine Freiheitlichkeit aufzugeben und – auf säkularisierter Ebene – in jenen Totalitätsanspruch zurückzufallen, aus dem er in den konfessionellen Bürgerkriegen herausgeführt hat.“
Das berühmte Diktum von Ernst-Wolfgang Böckenförde ist 2016 vierzig Jahre alt – und so aktuell wie nie zuvor. Die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und Menschenfeindlichkeit steht paradigmatisch für das Dilemma des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats. Der Staat reagiert darauf, in dem er nach einer langen Anlaufzeit nun systematisch und nach Kräften zivilgesellschaftliche Akteure in ihrem Einsatz für eben jene Demokratie, für Menschenrechte, Respekt, Toleranz und Vielfalt unterstützt – bei allen Problemen, die ein solches Verhältnis generiert.
Auch die Kirchen haben einen langen Prozess der inneren Meinungsbildung zu dieser Herausforderung hinter sich. Inzwischen gehören sie jedoch zu den maßgeblichen Akteuren in dieser Auseinandersetzung, wenn auch mit starken regionalen und teilweise auch konfessionellen Unterschieden. Auf Bundesebene und besonders in Bayern haben sich führende Repräsentanten in den letzten Jahren jedoch immer deutlicher hier im Sinne eines aktiven und öffentlichen Eintretens für Demokratie und Respekt positioniert. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hat jüngst als erste Kirche in Deutschland ein Handlungskonzept zum Rechtsextremismus vorgelegt, die ökumenisch organisierte Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus wird seit zwei Jahren im Bundesprogramm „Demokratie leben“ gefördert. Die Zahl der kirchlich geprägten aktiven Menschen vor Ort, die sich gegen Neonazis und Menschenverachtung, für die Rechte und die Würde von Geflüchteten einsetzt, ist unüberschaubar.
Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich diese Tagung mit der Frage, wie sich kirchliches Handeln für Demokratie und Toleranz, gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit organisieren muss. Dabei wird u.a. das Handlungskonzept der bayerischen Landeskirche vorgestellt – und es wird hinterfragt, inwiefern dieses Konzept andere evangelische Landeskirchen oder katholische Bistümer dazu motiviert, ähnliche Schritte einzuleiten und wo diese beispielhaft stehen.
Herzliche Einladung in die Evangelische Akademie Tutzing!
Udo Hahn, Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing
Reiner Schübel, Kirchenrat, Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern
Martin Becher, Leiter der Projektstelle gegen Rechtsextremismus am EBZ Alexandersbad