„EIN JEDER MENSCH SOLLTEDAS RECHT HABEN, EINMAL IN SEINEM LEBEN INS FERNSEHEN ZU KOMMEN!"
Frei nach Andy Warhol
Wer kennt nicht die Orte? Was für die UN-Vollversammlung New York, ist für Europa Brüssel, und die ganze Welt trifft sich in Genf im Zeichen des Roten Kreuzes oder beim Lutherischen Weltbund. Katholiken pilgern nach Rom, Muslime nach Mekka. Die weltlichen Pilger zieht es ins Kino nach Venedig, Cannes und Berlin, zu den Festspielen nach Salzburg und Bayreuth oder zur Modeschau in Paris. Von Geld wird in Davos geredet, von Sicherheit in München, von Neuerscheinungen in Frankfurt oder Leipzig und von der Postmoderne in Kassel. Viele Orte sind mehrfach besetzt: bei Genf denken manche auch an Autos, bei München ans Oktoberfest und bei Venedig an die Biennale. Dazu auf wechselnden Weltbühnen G7-Treffen, Olympische Spiele, Weltmeisterschaften, Festivals jeder Couleur – Ausnahmezustand garantiert, sprich: Gipfel-Erlebnisse.
We are the champions, no time for losers. Auf internationalem Parkett treffen sich die Reichen, Schönen, Mächtigen, die Macher und Winner. Klar, das kostet. Schönen Schein gibt es nicht umsonst, Tratsch und Skandal auch nicht. Den schlucken wir für etwas Glamour. Betört nicht manch Blendwerk mit Zauber und Magie?
Trotzdem sind die Events keine Märchenstunden. Interessen werden als Ideen ver-kauft, kein Umtrunk ohne Business. Verhüllt dann der Vorhang das Séparée, wird unverhohlen gezockt. Performance ist alles? Bei Geopolitik hört der Spaß auf. Ohne Antennen für Freund oder Feind geht hinter den Kulissen gar nix. Wie die Schlager ums Geld, buhlen auch die Scheinheiligen um Macht. Manches Lächeln für Boulevard wie Tagesschau zitiert die Parole herauf: Homo homini lupus / Der Mensch dem Menschen ein Wolf.
Und doch setzen wir auf all diese Spektakel. Hoffen auf inoffizielle Kontakte, die die Fronten transzendieren. Ob Allzumenschliches, grad jetzt im Krieg, vielleicht doch mit einem Funken ein eiskaltes Herz streift? Dass die Kaminpolitik eine humane Regung auftaut? Auf wen, wenn nicht auf all jene Zirkel doppelter Kommunikation sollen wir zwischen den Extremen setzen, dass die Fremden, Feindseligen einander friedlich nähern?
The show must go on. Deswegen schauen wir nicht nur zu, sondern genauer hin: Was leisten die Bühnen der Welt? Sind sie das Geld wert oder nur zum Fenster rausgeschmissener Traumkitsch, dass wir Untere für einen Nu nippen dürfen an der geliehenen Grandiosität?
Wer spielt mit, wer schaut nur zu? Wozu das ganze Spektakel? Darüber möchten wir uns auf unserer Bühne austauschen. Wir freuen uns, wenn Sie nicht nur als Zuschauende dabei sind!
Pfr. Dr. phil. Jochen Wagner, Evangelische Akademie Tutzing
Dr. Ulrike Haerendel, Universität der Bundeswehr München
Dr. Martin Pabst, Büro Forschung & Politikberatung, München