Friedrich Schiller
Geschafft! Oben! Auf dem Gipfel, den Anstieg bewältigt. Was für eine Aussicht! Außer … Atem, … voller … Glück. Die Hände zum Himmel, der so nah erscheint. Der bezwungene Berg, das Tor in der Nachspielzeit, das Fotofinish bei den olympischen Spielen, das Rockkonzert oder auch Beethovens Neunte: das begeistert! Seele, Geist und Körper geraten miteinander in Ekstase. Endorphine sorgen für pure Euphorie!
Der Geist verbindet Menschen. Pfingsten berichtet davon. Begeisterung lässt einen guten Spirit zwischen Menschen entstehen. Kräfte für eine gemeinsame Sache werden frei. Die Jünger tragen die frohe Botschaft in die Welt. Aber bisweilen entsteht ein Sog, der in Massenhysterie zu kippen droht. Im Sommer vor 110 Jahren stiegen die deutschen Soldaten unter „Hurra!“-Rufen in die Züge. „Für Gott und Vaterland! An Weihnachten sind wir zu Hause!“ Viele kamen nie zurück.
Vielleicht nicht von ungefähr, dass schon der alte Goethe geistreich mahnte: „Laßt mich bei meinem Becher Wein! Begeistert wird man nur allein.“ Manch anderes, großes Genie machte die Begeisterung erst kreativ. Künstler malen wie im Rausch, Schriftstellerinnen schreiben wie besessen. Schöpfergeist und manische Euphorie liegen eng beisammen und haben Großes hervorgebracht.
Gepackt werden wir von Geist und Ungeist gleichermaßen. Daher: Begeisterung allein ist nicht genug! In allem Sturm und Drang muss der Geist gebildet werden, wusste schon Schiller. Denn wer von einem Geist ergriffen ist, blickt allzu leicht verächtlich auf all die „Geistlosen“ herab. Wer wüsste das besser als die Religion? Am Ende ist es der Begeisterte, der die Welt ins Unheil stößt. Fanatismus ist die Karikatur einer ungeformten Begeisterung.
Und doch: Ohne Geist kein Leben, keine Welt und keine Freiheit! Es ist der Geist, der zu Beginn über dem Wasser schwebt. Es ist der Geist, von dem Paulus schreibt: „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“ Was wäre der Mensch, ohne begeistert zu sein? Tot. Der Geist ist der Lebensatem des Menschen. Er ist frei und bedrohlich: Er schöpft und zerstört, er treibt zum Schönen, Hohen und Guten, stürzt ins Fanatische. Was wäre der Mensch ohne Geist?
Wir laden Sie ein, zu einem Blickwechsel zwischen Literatur und
Wissenschaft. Lassen Sie sich begeistern!
Pfr. Dr. Hendrik Meyer-Magister
Stellv. Direktor und Studienleiter, Evangelische Akademie Tutzing
Barbara Greese
Rezitatorin und Rhetoriktrainerin, München