UNREIFE LIEBE SAGT: „ICH LIEBE DICH, WEIL ICH DICH BRAUCHE." REIFE LIEBE SAGT: „ICH BRAUCHE DICH, WEIL ICH DICH LIEBE." Erich Fromm
Erich Fromm (1900-1980) – ein großer Name neben Adorno, Benjamin, Bloch, Habermas, Horkheimer, Kracauer, Marcuse. In der Frankfurter Schule gingen Kritische Theorie und gehobener Lebensstil Hand in Hand. Man sprach vom „Grand Hotel Abgrund". In Erich Fromm hatte es einen Menschenfreund.
„Aus Liebe zum Leben". Fromm konnte die dramatischen Grundfragen des Lebens so undramatisch wie einladend formulieren. Schrieb Adorno in seinen Minima Moralia, „es gibt kein richtiges Leben im Falschen", so lehrte Fromm anderes. Die Kunst des Liebens, Haben oder Sein, Die Furcht vor der Freiheit – diese Kult-Bücher, millionenfach aufgelegt, verhandeln unsere Themen. Mit Herzklopfen atmen sie die Aura einer seligen Ambition: Doch! Es gibt richtiges Leben im Falschen, es gibt Glück trotz Barbarei, es gibt Liebe zwischen verwundeten Insassen entfremdeten Daseins. Ja, Menschen sind zärtlich inmitten aller Gewalt. Solidarität lebt trotz Egomanien und es gibt ein Schenken diesseits des Profits, auch hungern wir nach Wahrheit statt Fakes. Auch Hartgesottenste träumen eine gerechte Welt.
Was wir sehnen oder fürchten, tun wie lassen, ist freilich nicht nur individuell oder frühkindlich familiär gebildet. Wir sind von Natur aus von der Gesellschaft, in die wir geworfen sind, durchdrungen. Was uns formt, suchte Fromm aus inneren Erfahrungen und äußeren Konstellationen zu lesen. So schließt seine Sozial-Psychoanalyse in Spiegelungen, Brüchen, Defekten, Defiziten und Träumen neue Perspektiven auf: die Kunst, statt im Intakten das Entstellte, im Entstellten das Gelingende zu favorisieren. Bejahen vor Verneinen.
So befreite sich Fromm von der Trieb- zur Beziehungstheorie und erlebte sich ausgeschlossen vom Frankfurter Institut für Sozialforschung und wie von der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Authentisch bleiben tut weh. Die Kunst: zu lieben und dabei verbunden, nicht gebunden sein; geborgen, aber frei.
Wie man das lernt? Durch Ausprobieren. Alles Sein ist plural, bunt, divers, sich riskieren dürfen und davon erzählen. Transzendenz – Fromm war Jude – entsteht seitwärts. Hier, im Diesseits, radikal: im Kontakt.
Die Spuren von Erich Fromm führen zu den Menschen selbst.
Herzliche Einladung in die Evangelische Akademie Tutzing!
Pfr. Dr. phil. Jochen Wagner, Evangelische Akademie Tutzing
Brigitte Grande, Vorsitzende des Freundeskreises der Evangelischen Akademie Tutzing