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VON GUTEN MÄCHTEN WUNDERBAR GEBORGEN ERWARTEN WIR GETROST WAS KOMMEN MAG ….
Dietrich Bonhoeffer (4.2.1906 – 9.4.1945)
So will es uns die 7. Strophe von Dietrich Bonhoeffers Gedicht vergewissern. Er hatte es am 19. Dezember 1944 geschrieben und seiner Verlobten zu Weihnachten geschickt. Gleichsam auf der Schwelle vom Alten ins Neue, vom Bekannten ins Offene, ins Ungewisse, ja: ins Barbarische. Denn am 9. April 1945 wird Dietrich Bonhoeffer im KZ Flossenbürg umgebracht.
Vertont von Siegfried Fietz, ist das Gedicht längst zum spirituellen Anker geworden, in sensiblen Momenten, prekären Situationen, schreiender Not und lähmender Gefahr den Ängsten, Schmerzen, Abgründen eine Stimme, ein Gesicht, eine Gegenwelt zu stiften.
Doch woher nahm Bonhoeffer die Kraft, gefangen von den Schergen des Bösen, den Handlangern des Todes ausgeliefert, mit den Versen seiner Poesie dem Trauma mit einem Traum zu widersprechen? Wie kann jemand in größter Ohnmacht aus der Chiffernschrift von Bibel und Glaube noch so etwas wie Hoffnung durchschimmern sehen? Was kann uns solche Haltung heute sagen, die wir uns in einer entzauberten oder kunterbunt wieder verzauberten Welt, unterm leeren Himmel oder voller himmlischem Konsumglück wähnen?
Dietrich Bonhoeffer, ein Kosmopolit in Barcelona, London, Rom und New York und ein deutscher Widerständler, ist als Person wie in seinem Werk unerschöpflich. Von frommer Zuversicht bis zur Verzweiflung, von Christen bis Heiden, vom Reich Gottes statt der Kirche, vom diffusen Ich bis zum gewissen Selbst, von der nicht-religiösen Interpretation des Evangeliums bis zur gottlosen, darin mündigen, gottnahen Welt und mehr handeln seine Schriften. Trost und Einspruch, Widerstand und Ergebung – in allem scheinen die Extreme sich nicht nur zu berühren: Sie bündeln sich zu einer Haltung, nicht korrumpierbar, nicht gottlos, aber auch nicht bigott zu werden.
Für dieses schwache Denken, jenes pensiero debole (Gianni Vattimo), jenes Leben in der Nachfolge Jesu ohne dogmatische Absolutheiten braucht es viel Mut. Für Bonhoeffer schwang in Bildern profanen Glücks unveräußerlich die sakrale Kunde von Erlösung mit. Er hat sie im Diesseits gesucht. – Und wir? Wie aktuell, vertraut oder auch fremd erscheint uns Bonhoeffer heute?
Brigitte Grande M.A.
Vorsitzende des Freundeskreises der Evangelischen Akademie Tutzing
Pfr. Dr. phil. Jochen Wagner
Studienleiter, Evangelische Akademie Tutzing