“Toleranz bedeutet, zu verstehen, zu differenzieren”
Die Schauspielerin und Filmproduzentin Senta Berger hat für ihr Lebenswerk den Toleranz-Preis der Evangelischen Akademie Tutzing erhalten. Ihre Dankesworte nutzte sie für ein Plädoyer des Verstehenlernens.
Die Schauspielerin Senta Berger hat fehlendes Wissen in Deutschland über historische Zusammenhänge beklagt. Dies gelte insbesondere im Blick auf die Geschichte Israels und Palästinas. In ihrer Dankesrede zur Verleihung des Toleranz-Preises der Evangelischen Akademie Tutzing am 5.11.2023 stellte sie unter anderem die Frage, warum die Auseinandersetzung mit Antisemitismus nicht Bestandteil der Lehrpläne in den Schulen ist. Toleranz bedeute für sie, “zu verstehen, zu differenzieren”. Berger warnte darüber hinaus vor den Gefahren, die von der Digitalisierung der Welt ausgingen, vom Internet, von der Möglichkeit, Kriege in Szene zu setzen und zu inszenieren. Im Internet gebe es keine Ethik, keine Moral und keine geeigneten Gesetze, um die Fehlentwicklungen zu bekämpfen.
In seiner Begrüßung unterstrich Akademiedirektor Udo Hahn, man könne von Senta Berger nur in Superlativen sprechen. Sie sei eine der außergewöhnlichsten und prägendsten deutschsprachigen Schauspielstars, die auch international Ansehen erworben habe. “Indem sie ausspricht, was unsere Gesellschaft bewegt, nimmt sie eine Haltung ein, die sie zum Vorbild macht”, würdigte Hahn die Preisträgerin. Die Akademie ehrt sie, so die Begründung “als Charakterdarstellerin und glaubwürdige Persönlichkeit – im Film wie in der Wirklichkeit”. Insbesondere mit ihrer Rolle als Kriminalrätin Dr. Eva Maria Prohacek in der ZDF-Krimireihe “Unter Verdacht” – eine Produktion der EIKON Media GmbH – habe sie “Maßstäbe für das deutsche Fernsehen gesetzt. Neugierig, klug, mutig und unbestechlich spielte sie die Protagonistin, die auch in Situationen völliger Hoffnungslosigkeit Haltung zeigt und die Kraft zum Weitermachen findet.”
In seiner Laudatio bezeichnete der Schauspieler Gerd Anthoff Senta Berger als eine “großartige Schauspielerin, wundervolle Kollegin, mutige und engagierte Bürgerin und feinen Mitmenschen”, der jede Auszeichnung verdient habe. Dabei vergesse er nicht, “dass empathische, feinfühlige, nachdenkliche Menschen wie sie in diesen Zeiten an die Grenzen der eigenen Toleranz stoßen und sich dabei Wunden an Herz und Seele einhandeln”.
Der Toleranz-Preis wird seit 2000 alle zwei Jahre verliehen. Bisherige Preisträger waren unter anderem die früheren Bundespräsidenten Roman Herzog und Christian Wulff, der Dirigent Daniel Barenboim, der Schriftsteller Henning Mankell, Karim Aga Khan IV, die Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, der Musiker und Komponist Peter Maffay sowie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Der Toleranz-Preis wird auch in der Kategorie “Zivilcourage” vergeben. Die jüngste Auszeichnung in dieser Kategorie erhielt der Intendant des Münchner Volkstheaters und Leiter der Oberammergauer Passionsspiele, Christian Stückl im März 2022.
ZUM NACHLESEN:
Hier können Sie die Dankesworte von Senta Berger nachlesen (PDF).
Die Begrüßung von Akademiedirektor Udo Hahn können Sie hier nachlesen (PDF).
Bild: Senta Berger neben ihrem Laudator, dem Schauspieler Gerd Anthoff (links im Bild), und Akademiedirektor Udo Hahn (rechts).
Alle Fotos: Haist / eat archiv