Selbstbestimmtes Leben im Alter benötigt auch digitale Offenheit

Helga Pelizäus ist Privatdozentin mit Schwerpunkt “Alter(n) und Digitalisierung” an der Universität der Bundeswehr München. Als Mitglied der Sachverständigenkommission wirkte sie am Achten Altersbericht der Bundesregierung zum Thema “Ältere Menschen und Digitalisierung” mit und sagt: Wer im Alter nach Nachhilfe in digitalen Themen fragt, outet sich nicht als abgehängt, sondern als offen für Neues – und hat damit die besten Chancen, selbstbestimmt zu leben.

Digitale Teilhabe ist zu einem unverzichtbaren Bestandteil unseres Lebens geworden, die Corona-Krise hat dies noch einmal verdeutlicht. Doch nicht für alle ist das selbstverständlich. Besonders die “Digital Immigrants” – Menschen, die nicht mit digitalen Medien aufgewachsen sind – fühlen sich oft abgehängt. Das muss jedoch nicht sein. In einem Beitrag für den Rotunde-Blog der Evangelischen Akademie Tutzing entlarvt PD Dr. Helga Pelizäus, Expertin für Alter(n) und Digitalisierung, gängige Irrtümer und ruft ältere Menschen dazu auf, ihre Einstellung zur digitalen Technik kritisch zu überprüfen.

“Ich bin alt, weil ich Unterstützung bei der Technik brauche”, “Wenn ich nachfrage, ist das ein Zeichen mangelnder Technikkompetenz”, “Ich kann mir digitale Technik nicht leisten” – all das sind Überzeugungen von Menschen, die nicht mit digitaler Technik groß geworden sind und die Pelizäus in ihren Untersuchungen begegnet sind. Bei näherem Hinsehen entpuppen sich diese jedoch oft als unbegründet. Den Satz “Immer muss ich nachfragen, während die Jungen schon alles wissen” pariert Pelizäus etwa mit der Erkenntnis, dass auch jüngere Menschen nachfragen müssen, sich allerdings an andere Ansprechpartner wenden. Hinzu kommt: Fragen ist gut, denn “Interesse an digitaler Technik spiegelt Offenheit wider und wird von den jüngeren Generationen meist positiv aufgenommen”, so Pelizäus.

Was im Umgang mit neuen Technologien helfe, sei die eigene Einstellung, so die These von Helga Pelizäus. Als Beispiel nennt sie die sogenannten Silver Tekkies: eine Gruppe von Frauen jenseits der 80, deren Blick auf die Technik positiv gestimmt sei. “In doppelter Negation alters- und geschlechtsspezifischer Stereotype haben sich diese Frauen mit über 80 Jahren mit Hilfe digitaler Geräte ihren Weg zum selbstbestimmten Leben im Alter geebnet. Sie erleben digitale Technik als späte und großartige Chance zur emanzipativen Aneignung neuer Spielräume, für ihre individuelle Lebensgestaltung und soziale Teilhabe.”, schreibt Pelizäus.

Neben der eigenen Einstellung möchte sie jedoch auch die Politik in die Pflicht genommen wissen. So appelliert der Achte Altersbericht “Ältere Menschen und Digitalisierung” an Bund, Länder und Kommunen, “allen älteren Menschen einen Zugang zur digitalen Welt und eine kompetente Techniknutzung zu ermöglichen.” Vor allem die Kommunen und Landkreise sollten dazu beitragen, sowohl die nötige technische Infrastruktur zu schaffen als auch lokale Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen, “wenn es darum geht, analoge (und digitale) Strukturen und Angebote zum Erwerb digitaler Souveränität bereitzustellen.”

 

Den kompletten Text lesen Sie im Rotunde-Blog der Evangelischen Akademie Tutzing. Helga Pelizäus wird auf der Online-Tagung “Mensch vernetz dich!”  über zentrale Ergebnisse ihrer Forschung sprechen. Die Tagung findet vom 19. bis 20. Januar 2022 statt und fragt nach den analogen Chancen der Digitalisierung insbesondere für ältere Menschen in den städtischen und ländlichen Quartieren.

Hinweis:
Der Beitrag ist zugleich Gastkolumne im Januar-Newsletter der Akademie. Er erscheint am 31. Dezember 2021. Sie können den monatlichen Newsletter unter diesem Link abrufen und wenn Sie möchten, auch abonnieren.

Tags: , , , , , , , , , , , , , , ,