„Radikaler denken – im positiven Sinne“
Im RotundeTalk spricht der Musiker Peter Maffay mit Akademiedirektor Udo Hahn über seinen Weg hin zum politischen Menschen, sein Engagement für Benachteiligte und mehr Umweltbewusstsein – sowie seinen persönlichen Umgang mit dem Thema Glauben.
Was die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen betrifft, sieht sich Peter Maffay als „Spätzünder“. Im „RotundeTalk“ der Evangelischen Akademie Tutzing räumte er ein, dass er – 1963 aus Rumänien nach Deutschland übergesiedelt – nicht gelernt hatte, politisch zu denken. In der Diktatur entwickle man diese Fähigkeit nicht, sondern die Unterordnung. Dann hätten ihm aber Menschen den Rat gegeben, „etwas Vernünftiges zu machen und die Musik zu nutzen“. So sei „eine Positionierung“ entstanden.
Peter Maffay ist ein durch und durch politischer Mensch. In seiner mehr als 50-jährigen Künstlerkarriere hat er inzwischen mehr Preise für sein gesellschaftliches Engagement als für die Musik bekommen – u.a. auch den Toleranz-Preis der Evangelischen Akademie Tutzing. Stolz empfinde er dabei nicht. Stolz und froh sei er aber über all jene, die ihn bei seinen Projekten unterstützten. Er sieht sich als „Speerspitze“, doch sei er „ein absoluter Team-Mensch – auf der Bühne und daneben“.
Immer wieder geht es ihm um Zusammenhalt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat ihn anlässlich seines 70. Geburtstags im vergangenen Jahr eigens dafür gewürdigt: „Sie sind aufgestanden und stehen ein für die Vision einer besseren Welt, für Völkerverständigung und für Toleranz durch Brückenbauen.“ In seinen Konzerten streut Maffay für seine Fans immer wieder entsprechende Botschaften ein. Auch hier spricht er von einem Lernprozess – und meint zuerst seinen eigenen. „Heute wissen die Menschen, wo wir stehen.“ Der „harte Kern“ seiner Fangemeinde trage diese Botschaft mit. Wie sehr er diese wertschätzt, spürt man an seiner Wortwahl. Sie seien für ihn „Parlamentäre einer gewissen Haltung“, eine Gemeinschaft, die ähnlich denkt.
Zu seinem vielfältigen Engagement abseits der Bühne gehört sein unermüdlicher Einsatz für traumatisierte und benachteiligte Kinder und Jugendliche. Zahlreiche Projekte sind über die Jahre entstanden – u.a. auf Mallorca, in Rumänien. Unlängst hat er das Gut Dietlhofen bei Weilheim erworben und zu einem Refugium für Menschen und Tiere gemacht. Kleine – damit meint er nicht nur Kinder, sondern spricht auch von sich in Anspielung an seine Körpergröße – müssten immer mehr tun, um Hindernisse zu überwinden. Dies erfordere viel Training. Es erzeuge aber auch Wachheit und sei für die eigene Orientierung und das Bewusstsein wichtig. Dabei helfe es, sich das Leben als Marathonlauf vorzustellen und nicht als Sprint. Gerade traumatisierte Kinder hätten diese Kraft nötig. Sie bräuchten eine Lobby, denn andere seien an ihrem mangelhaften Schutz schuld.
Peter Maffay spricht in seinen Liedern immer wieder Themen des Glaubens an. Sich selbst sieht er als gläubigen Menschen. Aber auch das habe mit Entwicklungen in seinem Leben zu tun, die er im Gespräch als Zickzack-Kurs beschreibt. Der Ausstieg aus der Kirche sei emotional gewesen, der Wiedereinstieg auch. Er habe die Erfahrung gemacht, dass es in seinem Leben nicht ohne eine „übergeordnete Instanz“ laufe. „Ich könnte sonst leicht Schiffbruch erleiden.“ Im Dialog mit Gott entstünden Schritte, die sonst nicht machbar wären. „Der Glaube hilft weiter“ – dies sei seine Erfahrung. Unser Leben sei vornehmlich von Angst getrieben. „Der Glaube hilft, diese Angst zu überwinden“, so Maffay.
Zu Jahresbeginn ist sein Buch „Hier und Jetzt“ erschienen, das er mit Co-Autorin Gaby Allendorf schrieb und in dem er sein persönliches Bild von einer besseren Zukunft entwickelt. Wie sieht die aus? Zunächst stellt Peter Maffay im „RotundeTalk“ klar, dass er „nicht mit erhobenem Zeigefinger“ argumentieren wolle. Der „richtige Umgang“ zwischen Menschen sowie zwischen Mensch und Natur sei ihm ein Anliegen. In bestimmten Teilen der Gesellschaft sei dieses Denken schon lange da. Man müsse jedoch „radikaler denken – im positiven Sinne“, denn die Zeitfenster, etwa für den Klimaschutz, würden kleiner.
Sein Buch entstand vor der Corona-Pandemie. Wie wird diese Krise unser Zusammenleben verändern? Peter Maffay gibt sich zuversichtlich. Zuallererst hoffe er, dass die Gesellschaft den Nöten der am meisten Betroffenen Rechnung trage. „Wir brauchen einen langen Atem – wir dürfen nicht aufgeben – wir haben eine Verpflichtung für kommende Generationen.“ Alles andere sei „keine Alternative“. Für ihn sei dies kein Zweckoptimismus: „Ich glaube daran.“
Udo Hahn
Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing
Zum Interview:
Das komplette Gespräch mit Peter Maffay und Udo Hahn können Sie auf dem YouTube-Kanal der Akademie ansehen. Zum Link
Literaturhinweis:
Das Buch von Peter Maffay (mit Gaby Allendorf) – „Hier und Jetzt – Mein Bild von einer besseren Zukunft“ (256 Seiten) – ist im Verlag Bastei Lübbe, Köln, erschienen.
Bild: Peter Maffay während des Interviews in der Rotunde der Evangelischen Akademie Tutzing (Foto: ma/eat archiv)