Mehr Wärme, mehr Haltung für die Schule der Zukunft

Was braucht die Schule von morgen? Diese Frage stand im Mittelpunkt unserer Tagung “Schule der Zukunft”, die die Evangelische Akademie Tutzing in Kooperation mit dem Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband am zweiten Februarwochenende veranstaltete.

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Input bekommen, Ideen sammeln, diskutieren und konstruktiv um Lösungen ringen – das stand im Mittelpunkt der Veranstaltung unter der Leitung von Studienleiterin Dr. Nadja Bürgle und BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. Das Besondere dabei: Die heterogene Mischung des Publikums, die viele verschiedene Blickwinkel erlaubte. Denn neben BLLV-Mandatsträger:innen und Mitgliedern nahmen externe Lehrkräfte, an Schule interessierte und Ehrenamtliche, die an Schulen mithelfen, sowie Schülerinnen und Schüler teil.

Zwei zentrale Aufgaben der Schule der Zukunft standen im Mittelpunkt der Tagung: Wie soll Lernen und Leistung gehen und wie Demokratiebildung? Und das inmitten von multiplen Krisen, russischem Angriffskrieg und Klimawandel?

Mit ihrem Vortrag “Zukunftskompetenzen fördern und Demokratie stärken” eröffnete BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann die Tagung. Sieben Thesen stellte sie vor, die für sie grundlegend sind für die Schule der Zukunft. Als erstes nannte sie Demokratiebildung als Leitprinzip schulischer Entwicklung und fordert als zweites eine neue Prüfungskultur für eine neue Lernkultur. Fleischmann benannte als drittes Schule als Motor für gesellschaftlichen Wandel und Innovation. Desweiteren stellte sie in ihrem vierten Punkt Heterogenität als Chance heraus und setzt darauf, inklusive und adaptive Lernumgebungen zu schaffen. Als Werkzeuge der Bildungsgestaltung sieht die BLLV-Präsidentin in ihrer fünften These Künstliche Intelligenz und Digitalisierung. Sie sollen helfen, Lernprozesse individuell zu gestalten und Lehrkräfte zu entlasten. Darüber hinaus erklärt sie in ihrer sechsten These Wohlbefinden als Bildungsziel – eine Schule, die stärkt, nicht stresst. Als abschließenden Punkt betont Fleischmann, wie wichtig es ist, Lehrpläne interdisziplinär auszurichten, flexibel zu gestalten und wünscht sich parteiübergreifende Bildungsstrategien, die Innovation ermöglichen.

Den Startschuss am Samstag gab Prof. Dr. Silvia Iris Beutel (Professorin für Schulpädagogik und Allgemeine Didaktik an der TU Dortmund) mit ihrem Vortrag “Lernen und Leistungsbeurteilung demokratisch gestalten”. Ihr folgte der Vortrag von Dr. Wolfgang Beutel, Leiter des Instituts der Demokratie an der Universität Hannover. Er referierte zum Thema “Demokratiepädagogik, Demokratiebildung und demokratische Schulentwicklung: Herausforderungen für die Pädagogik”.

Ein vielfältiges Workshop-Programm erwartete die Teilnehmenden am Nachmittag – von Rechtsruck bis Verständnisintensives Lernen (ViL):

Vera Steinhauser vom Social Lab der Hans-Sauer-Stiftung hielt einen Vortrag zum Thema “Bildung gemeinsam gestalten mit Methoden aus dem Social Design”. Sie stellte den Begriff Social Design als eine Methode vor, die ganzheitlich und interdisziplinär komplexe gesellschaftliche Probleme lösen möchte. Dabei setzt die Methode besonders auf einen partizipativen Ansatz. Getreu dem Motto: Gemeinsam sind wir stärker. Welche Vorgehensweise sich dabei im Social Design bewährt hat, ist auf der Website der Hans-Sauer-Stiftung dargestellt.

Lena Schäffer (Vorsitzende Studierende des BLLV) leitete den Workshop: “Schule und Rechtsruck in der Gesellschaft”. Zu Beginn des Workshops gab es eine kurze Orientierung und Einordnung zu Begrifflichkeiten rund um das Thema (Populismus, Rechtsextremismus etc.). Anschließend wurden in Kleingruppen Fälle aus dem Schulalltag besprochen, vom Umgang mit Klassenfahrten zu rechten Parteien sowie dem Umgang politischer Statements von Schüler*innen und Lehrkräften. Der Workshop bot einen sicheren und tollen Raum, um sich über kontemporäre Herausforderungen mit dieser Thematik auszutauschen.

Im Workshop “Schule neu denken” von Antje Radetzky, Leiterin der Abteilung Berufswissenschaft im BLLV, erhielten die Teilnehmenden einen sehr praxisnahen Einblick, wie demokratische Schulentwicklung im Kontext der Nachhaltigkeit umgesetzt werden kann. Bildung für Nachhaltige Entwicklung fördert die Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Um das an den Schulen umzusetzen, braucht es von allen Mitwirkenden eine Haltungsänderung hin zur “Stärkenbrille” und weg von einer Defizitorientierung. Wichtig dabei ist das Zutrauen in die eigene Lern- und Leistungsfähigkeit im Sinne eines “Growth Mindsets”. Die unterschiedlichen Handlungsfelder einer demokratischen Schulentwicklung sind vielfältig. Die Teilnehmenden erhielten viele wichtige Impulse und Inspiration für die Praxis, wie demokratische Prozesse im Schulleben, auf Unterrichtsebene, in Ämtern und Gremien oder in Projekten umgesetzt werden können. Dabei gibt es keine Beschränkung auf bestimmte Klassenstufen: Denn bereits Erstklässler können mitreden und mitgestalten und bspw. den Klassenrat wunderbar durchführen.

Julia Schuck und Kerstin Menzel (ViL-Trainerinnen) leiteten den Workshop “Lernen verstehen? – Verstehen lernen! Mit einer verständnisintensiven Haltung zu Wirksamkeit, Gelassenheit, Wertschätzung und nachhaltigem Lernerfolg”. ViL fordert eine Haltung, die nachhaltiges und lösungsorientiertes Lernen ermöglicht. Besonders der Lernprozess wird dabei gewürdigt. Im Workshop zum Verständnisintensiven Lernen (ViL) nahmen die Teilnehmenden einen neuen Blickwinkel auf Unterrichtsgestaltung, Lehrerhandeln und Schüler*innenlernen ein. Zentral war der Perspektivenwechsel: In Partnerarbeit wurden Rollen als Handelnde (Schüler*innen) und Beobachtende (Lehrkräfte) eingenommen, um Lernprozesse aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu reflektieren. Der Workshop von Julia Schuck und Kerstin Menzel zeigte eindrücklich, dass nicht nur das Endergebnis, sondern vor allem der Lernprozess wertgeschätzt werden sollte. ViL fordert eine Haltung, die nachhaltiges und lösungsorientiertes Lernen ermöglicht – eine Haltung, die langfristig das Verhältnis zwischen Lehrkräften und Schüler*innen positiv verändern kann.

Highlight am Abend: Das Gespräch von BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann mit Landesbischof Christian Kopp zum Thema “Demokratiebildung, Wertedialog, politische und religiöse Bildung: Das macht Schule aus”. Kopp zufolge zeigt die Schule der Zukunft Wertschätzung für die Individualität jeder Schülerin und jedes Schülers und wird ihr gerecht durch unterschiedliche Lerngeschwindigkeiten und -formate.

Wie konkrete Schritte für die Schule von morgen aussehen könnten, fragte Klaus Wenzel, ehemaliger BLLV-Präsident, seine Podiumsgäste am Sonntagmorgen. Ideen dafür hatten neben den beiden BLLV-Abteilungsleiterinnen Sabine Bösl und Antje Radetzky auch Dr. Fritz Schäffer (ehm. BLLV-Abteilungsleiter), genauso wie Schülervertreter Tim Beckmann und Frau Dr. Julia Haes, Elternbeiratsvorsitzende vom Gymnasium Tutzing.

Vertreter aus der Politik standen bei der Abschlussdiskussion “Ins Handeln kommen: Perspektiven aus Schule, Politik, Zivilgesellschaft und Kirche” Rede und Antwort: Neben Gabriele Triebel (MdL, Bündnis 90/Die Grünen) nahm auch Dr. Ute Eiling-Hütig (MdL, CSU) teil. Für die Perspektive von Schüler:innen trat neben Schülervertreter Tim Beckmann auch Amelie N., die Petitionsanführerin gegen Stehgreifaufgaben, ein. Akademiedirektor Udo Hahn brachte Perspektiven der außerschulischen Bildung ein.

Hinweis: Dieser Artikel ist die Langversion eines Berichts, der am 14. Februar auf der Website des BLLV veröffentlicht wurde (hier abrufen).

Bild: Abschlusspanel der Tagung (Foto: BLLV)

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