Leutheusser-Schnarrenberger befürwortet Corona Warn-App
Die frühere Bundesjustizministerin sagte im Interview mit Akademiedirektor Udo Hahn, es sei wichtig gewesen, den Datenschutz in der Entwicklung der App mit einzubeziehen. Die freiwillige Nutzung sowie der Verzicht auf eine zentrale Speicherung der Daten erhöhe zudem die Akzeptanz der neuen App, die am Dienstag vorgestellt werden soll. Für die Behauptungen bei Demonstrationen in den letzten Wochen, wir lebten in einer Diktatur, findet Sabine Leutheusser-Schnarrenberger klare Worte.
Für eine grundlegende Ablehnung der Corona Warn-App der Bunderegierung sieht Bundesjustizministerin a.D. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger keinen Anlass. Im „RotundeTalk“ der Evangelischen Akademie Tutzing sagte sie, es sei wichtig gewesen, den Datenschutz bei der Entwicklung mit einzubeziehen. Der Verzicht auf eine zentrale Speicherung der Daten sowie die freiwillige Nutzung erhöhten die Akzeptanz der App, die laut Medienberichten am Dienstag vorgestellt werden soll. Die Menschen hätten ein Recht auf Datensicherheit, bekräftigte die Juristin: „Ich teile nicht die Bedenken gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung.“ Selbstverständlich dürften Daten verwendet werden – im Rahmen der informationellen Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger. Als „undenkbar für unsere Verhältnisse“ bezeichnete sie die digitalen Mittel, die China anwende, um die Menschen auszuforschen.
Als „Schwachsinn“ bezeichnete die ehemalige Bundesjustizministerin Behauptungen auf Demonstrationen der letzten Wochen, wir lebten in einer Diktatur. Linke und rechte Kräfte in der Gesellschaft wollten ein „anderes System“ und nutzten die Verunsicherung der Menschen. Man könne deshalb aber keine Versammlungen verbieten. Die Versammlungsfreiheit sei ein „existentielles Grundrecht“.
Anlass zur Sorge gibt ihren Worten zu Folge die Entwicklung in Ländern wie Ungarn und Polen. Die Bemühungen dort, eine illiberale Demokratie zu etablieren, stelle eine Herausforderung für den Zusammenhalt in Europa dar. Eine Gefahr für Deutschland sehe sie zwar nicht, denn unsere Demokratie sei „gefestigt und wehrhaft“. Aber sie würde nicht behaupten wollen, dies könne nie bei uns passieren. Verschwörungsmythen, vor allem aber Rassismus und Antisemitismus stellten einen Angriff auf unsere offene Gesellschaft dar. Dieser Entwicklung müssten Rechtsstaat und Zivilgesellschaft entschlossen begegnen.
Der „RotundeTalk“ ist ein neues Gesprächsformat der Evangelischen Akademie Tutzing. Menschen aus Politik, Kultur und Gesellschaft sprechen im Interview über ihre Erfahrungen im Umgang mit der Corona-Pandemie, über die Herausforderungen dieser Krise und wie es danach weitergehen könnte. Gäste sind u.a. Sozialministerin Carolina Trautner, der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, der Musiker Peter Maffay, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds Bayern, Matthias Jena, die Kabarettisten Gerhard Polt und Christian Springer, die Künstlerin Ilana Lewitan sowie der Astrophysiker Harald Lesch.
Die Interviews werden auf dem YouTube-Kanal der Akademie publiziert.
Zum vollständigen Interview mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger auf YouTube gelangen Sie über diesen Link.
Bild: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger während des Interviews in der Rotunde – dem Auditorium der Evangelischen Akademie Tutzing. (Foto: eat archiv)
Die frühere Bundesjustizministerin im Gespräch mit Akademiedirektor Udo Hahn (eat archiv)