Johano Strasser fordert demokratische Kontrolle des europäischen Marktes
Weil die Demokratie heute nicht genügend rechtliche und soziale Sicherheit bietet, kann sich die völkische Rechte als „Schutzmacht der Mühseligen und Beladenen aufspielen“, schreibt der Politologe und Autor Johano Strasser in einem Beitrag für die Evangelische Akademie Tutzing. Er sieht Europa in der Pflicht, für Chancengleichheit unter den Menschen zu sorgen und rät, Karl Popper zu lesen.
In seinem Beitrag „Demokratie gibt es nicht umsonst“ blickt der bekannte Politologe auf das Demokratieverständnis, das er im Laufe seines Lebens in Europa vorfand. Er berichtet von den Altnazis, die an seinem Gymnasium lehrten und der deutschen Autoritätsgläubigkeit, gegen die vor allem junge Menschen in den 1960er und 1970er Jahren rebellierten. Als sich vor 30 Jahren Deuschland-Ost und Deutschland-West schließlich friedlich vereinigten, „schien es für viele eine ausgemachte Sache, dass der Sieg der Demokratie in ganz Europa für alle Zeit gesichert war.“
Diese euphorische Stimmung sei „längst verflogen“. „Überrascht konstatieren wir, dass nicht nur in Asien und in Afrika, sondern auch überall in der westlichen Welt neuerdings wieder autoritäre politische Bewegungen die Demokratie erfolgreich infrage stellen. Mit Trump, Putin und Erdoğan, mit Orbán, Kaczyński, Johnson und Salvini tritt ein Politikertypus wieder ins Rampenlicht, den wir schon meinten ins Museum verbannt zu haben.“, schreibt Johano Strasser. Durch die Gesellschaft waberten diffuse Ängste, die demokratischen Volksparteien verlören dramatisch an Zuspruch.
Strasser rät zur Auseinandersetzung mit Karl Raimund Poppers Buch über die „Offene Gesellschaft und ihre Feinde“. Dort könne man nachlesen, „wie die offene Gesellschaft in einem konfliktreichen Prozess erkämpft werden musste und warum es sich auch heute noch lohnt, für die Erhaltung der liberalen Demokratie alle Kräfte anzuspannen.“
Einen Unterschied gäbe es heute allerdings: Während damals die Gefahr für die Demokratie vor allem von außen gekommen sei, erweise sich „heute eine radikale Spielart des Liberalismus selbst, nämlich der marktradikale Neoliberalismus, als ein gefährlicher Feind im Innern der westlichen Demokratie.“ So sei heute Europa in der Pflicht, für Chancengleichheit zu sorgen. Der größte Markt der Welt könne ein „Minimum an demokratischer Kontrolle der globalen Geld- und Warenströme durchsetzen.“ Dadurch ließe sich „die Entleerung der demokratischen Politik und die Erosion der rechtlichen und sozialen Gleichheitsvoraussetzungen der Demokratie stoppen.“
Den kompletten Beitrag lesen Sie in unserem Rotunde-Blog.
Der Beitrag ist zugleich Gastkolumne im Januar-Newsletter der Evangelischen Akademie Tutzing. Er erscheint am 30. Dezember 2019. Mehr dazu hier.
Prof. Dr. Johano Strasser leitet gemeinsam mit Dr. Jochen Wagner die Tagung „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ vom 10. bis 12. Januar 2020 in der Evangelischen Akademie Tutzing. Informationen zum Programm, zu den Referierenden und zu den Anmeldemodalitäten entnehmen Sie diesem Link.
Bild: Johano Strasser an der Evangelischen Akademie Tutzing (Foto: Haist/eat archiv)