Im Spannungsfeld von Paradoxien – Adornos “Minima Moralia” werden 70

Stefan Müller-Doohm studierte am Institut für Sozialforschung in Frankfurt und wurde von der Gruppe um Adorno, Horkheimer und Habermas akademisch geprägt. Heute ist er Leiter der Forschungsstelle Intellektuellensoziologie und Gründer der Adorno-Forschungsstelle an der Universität Oldenburg. In einem Blogbeitrag für die Evangelische Akademe Tutzing schreibt er, warum Adornos “Minima Moralia” auch heute noch Relevanz besitzen.

Woher kommt der derzeitige Hunger nach Adorno, Benjamin, Habermas? In einer Gastkolumne für den Rotunde-Blog der Evangelischen Akademie Tutzing geht der Soziologe Stefan Müller-Doohm auf Bezüge von Adornos “Minima Moralia” zu aktuellen Debatten ein.

Müller-Doohm fragt: “Was könnte angesichts der Umwelt- und Klimakrise brisanter sein als Adornos Postulat eines Umgangs mit der Natur ‘ohne Willkür und Gewalt, ganz aus der Fühlung mit den Gegenständen’. Heute wäre es ein Akt vernünftiger Freiheit, das hat Adorno antizipiert, ‘Möglichkeiten ungenutzt’ zu lassen, ‘anstatt unter irrem Zwang auf fremde Sterne einzustürmen’.”

In seinen “tagebuchartig zusammengetragenen Aphorismen”, so der Soziologe Müller-Doohm, notiere Adorno‚ dass das Leben zu einer zeitlosen Folge von Schocks geworden sei, vermittelt durch die täglichen Bilder über weltweite Kriege und systematische Menschvernichtung.

Für Adorno sei Auschwitz kein “Betriebsunfall des zivilisatorischen Siegeszuges” gewesen, sondern Signatur der Epoche. Das Zitat Adornos “Man kann nicht Auschwitz auf eine Analogie mit der Zernichtung der griechischen Stadtstaaten bringen als bloß graduelle Zunahme des Grauens, der gegenüber man den eigenen Seelenfrieden bewahrt.” könne als Notiz gelten, die “als Kommentar der gegenwärtigen Diskussion zu den deutschen Kolonialverbrechen und der Singularität des Holocaust gelesen werden kann”, so Müller-Doohm.

Adorno habe es mit seiner Gesellschafts- und Moralkritik geschafft, “eine Position zu besetzen, die in der Situation der Erschütterung traditioneller Wertorientierungen vakant” gewesen sei. Er habe damit die Rolle des öffentlichen Intellektuellen eingenommen, der die moralischen Ansprüche der Gesellschaft mit der Wirklichkeit konfrontiere.

Der Akzent liege darauf, “über die gesellschaftlichen Ursachen für das Scheitern eines moralischen Lebens zu reflektieren.” Das sei es, was Adorno meine, wenn er die Frage stellt, wie “richtiges Leben im falschen” möglich sei.

Den kompletten Text lesen Sie in unserem Rotunde-Blog.

Hinweis:
Der Beitrag ist zugleich Gastkolumne im Oktober-Newsletter der Akademie. Er erscheint am 1. Oktober 2021. Sie können den monatlichen Newsletter unter diesem Link abrufen und wenn Sie möchten, auch abonnieren.

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