Gefahr an den Rändern Europas?
Zahlreiche Konflikte an den (süd)östlichen Rändern Europas sind bis heute ungelöst. Große Besorgnis erregt insbesondere die Situation in der Türkei. Auf den gescheiterten Militärputsch im Juli hat Präsident Erdogan mit massiven „Säuberungsaktionen“ reagiert. Das harsche Durchgreifen im Inneren wird flankiert von einer Annäherung an Putins Russland. Zu fragen ist darüber hinaus auch, wie sich die aktuellen Entwicklungen auf den Kurden-Konflikt auswirken werden.
In der Ukraine ist die Situation trotz des seit Herbst 2014 andauernden Minsker Friedensprozesses ebenfalls kritisch. Zwar hat das Abkommen für eine gewisse Deeskalation gesorgt, aber nach wie vor sind zentrale Punkte der Vereinbarung nicht erfüllt. Eine schnelle Befriedung derAuseinandersetzung im Osten der Ukraine ist nicht in Sicht.
Gemeinsam mit der Südosteuropa-Gesellschaft begaben sich die Studienleiterinnen Judith Stumptner und Katharina Hirschbrunn auf der Tagung „Gefahr an den Rändern Europas?“ auf die Suche nach den politischen und wirtschaftlichen Ursachen fur die verschiedenen Konflikte. Welche Mächte stehen hinter den Konflikten? Welche Gefahren und Herausforderungen bergen die genannten Brandherde fur die Stabilität in Europa? Welche Instrumente und Strategien haben die Europäische Union und internationale Organisationen bisher eingesetzt, um den Krisen zu begegnen?
Ein ausführlicher Bericht folgt in Kürze.
Gefahr an den Rändern Europas? Gemeinsam mit der Südosteuropa-Gesellschaft suchte die Evangelische Akademie Tutzing nach Antworten.
(Foto: Haist)
Gernot Erler, MdB, Russlandbeauftragter der deutschen Bundesregierung und Präsident der Südosteuropa-Gesellschaft, wies auf die Vielzahl der Krisen und Konflikte hin, mit denen die EU derzeit konfrontiert ist. Der SPD-Politiker warnte: “Die Infragestellung der Problemlösungskompetenz der EU verunsichert die Menschen, lädiert das Vertrauen in die europäische Union und wird von den Gegnern der EU gnadenlos instrumentalisiert. Das steigert die Chancen von Populismus und Rechtsradikalismus in der ganzen Europäischen Union.”
Erler wies auf die Gefahren hin, die gegenwärtig von der Politik der Türkei ausgehen sowie von dem Ukraine-Konflikt, “der zur tiefsten Krise zwischen Russland und dem Westen geworden ist”. Und auch in einigen Westbalkanstaaten gäbe es “eine Besorgnis erregende politische Entwicklung”, konstatierte Erler. Sein Fazit: “Es gibt die Gefahren, die von den Rändern Europas ausgehen. Das sind Gefahren, die uns unmittelbar betreffen und eine Herausforderung für die europäische Politik darstellen.”
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Für Elmar Brok, MdEP, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, steht fest, dass “das Instrument, Europa zu befrieden durch Erweiterung, bei 28 Mitgliedsstaaten nicht mehr so einfach zu erfüllen ist.” Brok sieht die Entwicklung bei den Westbalkanstaaten ebenfalls kritisch. Ein die europäische Integration tragendes Grundprinzip erscheint bedroht: die Rechtsstaatlichkeit. Aufgrund verbreiteter Korruption, schwacher Institutionen oder unzureichender Ressourcen zeigen einige EU-Mitgliedstaaten so schwere rechtsstaatliche Defizite, dass die Rechtsstaatlichkeit als Wert in Frage steht. Es ist offensichtlich, dass die EU angesichts solcher Defizite nicht untätig bleiben kann, aber es bleibt weitgehend ungeklärt, wie eine rechtlich und politisch überzeugende Strategie des Umgangs aussehen könnte, betonte der CDU-Politiker.
Sein Fazit: “Es tritt zunehmend Ernüchterung auf, ob diese Länder das Ziel des Beitritts in einem überschaubaren Zeitraum erreichen.”
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