Flüchtlinge besser schützen – LWB-Generalsekretär warnt vor Demontage der Menschenrechte
Besorgt über eine „schleichende Demontage des Menschenrechtsgedankens“ hat sich der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Dr. h.c. Martin Junge (Genf), geäußert. In einer Veranstaltung der Evangelischen Akademie Tutzing und der Gesellschaft für Außenpolitik warnte er am 13. März in München vor diesem „schlimmsten kulturgeschichtlichen Rückschritt“. Aufgabe der Politik sei nicht, wie man Flüchtlinge wieder loswerde, sondern wie man sie schütze. „Natürlich muss dies politisch tragbar sein“, unterstrich er in seinem Vortrag „Menschenrechte wahren – Der Auftrag des Lutherischen Weltbundes angesichts der Flüchtlingsbewegungen“.
Junge würdigte, die Politik der Bundesregierung im Sommer 2015. Sie habe zu einem „äußerst kritischen Zeitpunkt unmissverständliche Zeichen gesetzt“. Ohne diese Entscheidung hätte das humanitäre Fiasko vermutlich flächendeckend auf ganz Europa übergegriffen, so Junge. Wörtlich fügte er hinzu: „Vermutlich gäbe es jetzt weniger Spannungen in Europa, hatte Ihre Regierung damals anders gehandelt. Aber Europa hätte sein Fundament und seine Seele verloren.“ Es seien nicht mangelnde Ressourcen, sondern „mangelnder politischer Wille“, der heute zu schaffen mache. Junge erinnerte daran, dass nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs die „Vision einer auf Kooperation beruhenden Weltordnung“ die Staatengemeinschaft zusammengeführt habe. Kooperieren zu wollen und der Wille zur Verständigung habe auch zur Gründung des Lutherischen Weltbundes 1947 geführt. Dieser gehöre heute zu den zehn größten Partnern des UN Flüchtlingskommissariats. Der LWB ist mit 8.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 25 Ländern tätig, darunter im Nordirak, in Jordanien, in Kenia, Äthiopien, Uganda, der Demokratischen Republik Kongo, dem Chad, Myanmar und Kolumbien. Er betreut 2,7 Millionen Flüchtlinge, für die er ca. 150 Millionen Euro aufbringt.
Wie Junge in seinem Vortrag ausführte, nehme er deutlich wahr, wie sich die äußeren Rahmenbedingungen für den Schutz von Flüchtlingen allgemein verschlechterten. So häuften sich vor Ort die Sicherheitsvorfälle, mit zunehmenden Übergriffen auf humanitäre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Noch vor zehn Jahren eine Seltenheit, sehe man sich im LWB immer häufiger dazu gezwungen, aufwendige Evakuierungen der Mitarbeitenden vorzunehmen. Die Angriffe auf Hilfsdienstmitarbeitende seien Ausdruck einer schleichenden Verschiebung von Wertevorstellungen, die solche Handlungen nicht nur rechtfertigt, sondern zunehmend normalisiert. Wer helfe, setze sich neuerdings Feindseligkeiten aus. Auch sei eine zunehmende Feindseligkeit gegenüber den Vereinten Nationen spürbar.
Martin Junge erinnerte daran, dass die Bibel immer wieder den Schutz von Flüchtlingen und Fremden betone. „Auf dem Boden dieses eindeutigen Befunds wende ich mich darum auch mit aller Entschiedenheit gegen das immer wieder vorgetragene Argument, dass Europa seine Grenzen schließen müsse, um seine christliche Identität zu bewahren. Mit Verlaub: Wer so spricht hat nichts verstanden vom christlichen Glauben. Denn das Argument konterkariert all das, was der christliche Glaube über den Schutz von Fremden und Flüchtlingen zu sagen hat. An dieser Einsicht ist nicht zu rütteln, und sie darf auch nicht weichgespült werden.“
Hier der Vortrag in voller Länge. Die Audiofassung des Vortrages finden Sie hier.
Bildunterschrift: Dr. Horst Mahr, Vorsitzender der Gesellschaft für Außenpolitik, LWB-Generalsekretär Dr. Martin Junge und Akademiedirektor Udo Hahn (v.l.n.r.)
Foto: Matthias Rüby/GfA