Die Kulturoptimistin
Diana Iljine leitet seit zehn Jahren das Filmfest München. Ihr persönliches Jubiläums-Filmfest fiel in diesem Jahr durch die Corona-Pandemie jedoch ins Wasser. Für Diana Iljine war das ein Grund, Kino noch einmal neu zu denken.
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Sommer, Sonne, München. Alles war – wie stets – bestens vorbereitet. Doch dann kam Corona und machte auch Diana Iljines Pläne zunichte. Ihr persönliches Jubiläum, das 10. Filmfest München unter ihrer Leitung musste ausfallen. Sich mit dieser Enttäuschung lange aufzuhalten, das ist ihre Sache nicht. „Ich bin immer kulturoptimistisch“, sagt Iljine im „RotundeTalk“ der Evangelischen Akademie Tutzing. Und ihr glaubt man das auch sofort. Mit all ihrer Energie und ihrem Charme stemmt sie sich gegen Prognosen, die schon lange die Runde machen. Ja, das Freizeitverhalten der Menschen hat sich geändert. Nein, das Kino ist nicht tot. Aber man muss sich was einfallen lassen. Da ist sie, die Fähigkeit, negative Energie umzulenken – und auch das Positive zu sehen. Zum Beispiel, dass Filme streamen zu Hause an Bedeutung gewonnen hat. Dadurch hätten auch Produktionen Aufmerksamkeit bekommen, die sonst kaum beachtet worden wären.
Kino bleibt ein Leitmedium, ist sich Diana Iljine sicher. Es ist ein Teil unserer Kultur: „Eine Welt ohne Kino ist wie eine Welt ohne Glauben: hohl.“ Natürlich sind die Auswirkungen dramatisch, wenn Filmfestivals nicht stattfinden, Kinostarts verschoben werden. Für Produzenten und Verleiher sei die aktuelle Lage „schwierig“. Dass Blockbuster, wie der für April angekündigte neue James Bond, verschoben werden, eine logische Folge. Publikumsmagneten seien wichtig, denn sie ziehen – im Idealfall – alles andere mit. In der Verwertungskette stehe das Kino am Anfang – vor dem Verkauf der DVD, der Ausstrahlung im Pay TV und am Ende im Free TV.
Die Folgen der Corona-Pandemie auf die Filmbranche seien nicht absehbar. Dass es allein in Deutschland mit 700 Starts zu viele Produktionen gibt, bedeutet ohnehin, dass manch ein Streifen schon nach einer Woche wieder verschwindet. Corona bedeute, dass viele wahrscheinlich nicht einmal einen Verleiher fänden. Davon seien auch qualitativ gute Filme betroffen. Klar sei auch, dass unter den neuen Hygienebedingungen die Produktionen teurer werden.
Und die Entwicklung in Deutschland? Da kommt Iljine geradezu ins Schwärmen. „Wir haben sehr, sehr gute Filmhochschulen.“ 1.500 Abgängerinnen und Abgänger pro Jahr, die allesamt hoch ausgebildet seien. „Talent ohne Ende“ – aber hoffentlich finden alle ihren Platz. Und der Produktionsstandort Deutschland? Der wäre international konkurrenzfähig, wenn wir ein entsprechendes Steuermodell hätten wie in Luxemburg, Kanada oder Tschechien – Länder, die mit vielen Steuererleichterungen werben. Bei uns werde seit langem an einem entsprechenden Konzept gearbeitet. Selbstverständlich sei Deutschland ein guter Produktionsstandort. Diana Iljine lässt keinen Zweifel aufkommen. „Wir haben tolle Studios – Babelsberg, Bavaria – und eine tolle Kulisse.“ Aber für ausländische Produzenten müssten mehr Anreize geschaffen werden.
Ungeachtet aller Zuversicht, die Diana Iljine mit jedem Wort, jedem Blick und jeder Geste versprüht, macht sie sich Sorgen um die Kultur insgesamt. Wenn die Gewerbesteuereinnahmen sinken oder gar wegbrechen, sind die Folgen für den Kulturbetrieb nahezu unausweichlich. Die Welt nach Corona wird ihrer Einschätzung nach „sehr anders sein“. Und wird das Filmfest München 2021 stattfinden? Das werde es – hybrid, also mit Präsenz-Veranstaltungen und im virtuellen Raum. Die Antwort von Diana Iljine kam ohne Zögern. Warum auch – sie ist ja „immer kulturoptimistisch“.
Udo Hahn
Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing
Das vollständige Interview mit Diana Iljine ist auf dem YouTube-Kanal der Evangelischen Akademie Tutzing abrufbar.
Bild: Diana Iljine in Tutzing (Foto: ma/eat archiv)
Diana Iljine im Gespräch mit Udo Hahn (Foto: ma/eat archiv)