ARD-alpha sendet „Sommergespräch“ der Evangelischen Akademie Tutzing
Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran. Großkonzerne, Kleinunternehmen, Kaufhäuser, Banken, Automobilhersteller, die Post, die Netzbetreiber, der Staat, die Nachrichtendienste und viele andere erfassen täglich persönliche Daten von jedem von uns. Die Konsequenzen sind nur schwer abzumessen. Für den Bürger ist Big Data zur Gratwanderung zwischen komfortablen Lösungen seiner Alltagsbewältigung einerseits und der Sorge um persönliche Daten und den Verlust der individuellen Freiheit und Selbstbestimmung andererseits geworden.
Wie stark dürfen Staat und Wirtschaft in die Privatsphäre der Bürger eingreifen? Welche Grenzen in der Datennutzung müssen und wollen wir setzen, um unsere Bürgerrechte in Zeiten der Digitalisierung zu schützen? Bedroht die Digitalisierung gar die Freiheit? Das von Akademiedirektor Udo Hahn moderierte „Sommergespräch 2016“ ging diesen Fragen nach. Als Gäste hatte Hahn die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und den Chefredakteur der internationalen Konferenz- und Innovationsplattform Digital Life Design (DLD), Dominik Wichmann, zu sich auf das Podium eingeladen.
Für Dominik Wichmann steht fest, dass die neue Welt viel Positives bringen wird. Da sei zum Beispiel die Künstliche Intelligenz (KI), an der intensiv geforscht werde. Vorrangiges Ziel wird es sein, den Maschinen „Leben einzuhauchen“, so Wichmann. Generell sei die Digitalisierung „kein Wert an sich, sie tritt zunehmend in alle unsere Lebensbereiche und sie ist viel zu komplex, um sagen zu können, sie sei gut oder schlecht“, meinte der Journalist Wichmann.
Problematisch sei der Handel mit personenbezogenen Daten und deren Verkauf an verschiedene Unternehmen, erklärte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Hier muss der Gesetzgeber zukünftig mehr in Aktion treten. Viele der Datenspuren, die jeder von uns täglich im weltweiten Netz hinterlässt, musste Google aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 13. Mai 2014 wieder löschen. „Der EuGH stärkt somit das schon lange von den Verbraucherzentralen geforderte ‚Recht auf Vergessenwerden‘, das Recht der Verbraucher auf Privatsphäre und auf Selbstbestimmtheit“, erklärte die frühere Bundesjustizministerin.
Fest steht, dass die Bürgerinnen und Bürger sich an der Debatte um die Digitalisierung beteiligen müssen. Insbesondere kommt den Kirchen eine mitgestaltende Aufgabe zu. „Wir brauchen eine ethische Begleitung“, bemerkte Dominik Wichmann. Und Leutheusser-Schnarrenberger ergänzte, dass die Kirchen eine Wertedebatte führen müssten. Für die Juristin ist wichtig, dass die Freiheit nicht bedroht wird und die Demokratie keinen Schaden nimmt, denn „wenn wir keinen Rahmen schaffen, innerhalb dessen sich die Digitalisierung entfalten soll, dann kann das die Privatsphäre, die Persönlichkeitsrechte und auch die Freiheit des Menschen gefährden.“
Das „Sommergespräch 2016“ wurde von ARD-alpha aufgezeichnet und in der „denkzeit“ gesendet. Schauen Sie mal -> rein.