Angst und Zerstörung in Syrien
Eine bewegende Begegnung erlebten die fast 100 SchülerInnen der diesjährigen Tutzinger Schülerakademie. Pfarrer Serop Megerditchian von der evangelisch-armenischen Gemeinde in Aleppo war zu Gast und berichtete aus seiner Heimatstadt: Von einem Leben in einer völlig zerstörten Stadt, meist ohne Strom und ohne Internet, von den Ängsten, in einen Schusswechsel zu geraten oder von Bomben getroffen zu werden, von einer Stadt, in der die Kinder nicht mehr zur Schule gehen und Studenten die Universität nicht mehr aufsuchen können. Das Schlimmste aber, so Megerditchian in seiner Antwort auf die Frage eines Schülers, das Schlimmste ist die Angst vor dem IS, der bereits bedrohlich nah herangerückt ist. Als Muslime haben Sie, so Megerditchian, vielleicht noch eine Chance, wenn Sie in die Hand der fanatischen Gotteskrieger fallen, als Christen haben sie keine.
Sichtlich beeindruckt fragte ein Schüler, warum er es dennoch aushielte und so viel Gottvertrauen aufbrächte. Serop Megerditchian antwortete, dass das seine Form von Widerstand sei. Er bleibt und hilft, so gut er kann, übrigens durchaus nicht nur seiner christlichen Gemeinde. Und die Kraft für diesen „survivalism“ bezieht er aus seinem tiefen Glauben, dass Gott ihn nicht verlassen wird. Anderen würde er allerdings nicht raten zu bleiben oder zu gehen. Das müsse jeder nach seinen Möglichkeiten und Gegebenheiten entscheiden. Bis jetzt kommen, zum Teil auf hochgefährlichen Wegen durch die Stadt, noch bis zu 250 Leute sonntags zum Gottesdienst. Die spirituelle Kraft und die Gemeinsamkeit, die sie da erfahren, hilft ihnen, eine weitere Woche zu überleben. Wie lange das noch geht so weitergeht, fragte sich wohl manch einer im Raum.
Reverend Megerditchian gab am Ende den Schülern eine Botschaft mit auf den Weg: „Ihr genießt hier so viel Freiheit. Missbraucht sie nicht!“
Dr. Ulrike Haerendel
Pfarrer Serop Megerditchian berichtete über die aktuelle Situation in der syrischen Stadt Aleppo.
Foto: Haerendel