BILDUNG KOMMT VON BILDSCHIRM UND NICHT VON BUCH, SONST HIESSE ES JA BUCHUNG.
Dieter Hildebrandt
Unsere Gesellschaft und unser Alltag unterliegen einem rasanten Wandel und längst ist klar, dass die voranschreitende Digitalisierung Einfluss auf alle Lebensbereiche hat – auch auf die Bildung. Was wir wissen, wie wir lernen und wann wir als gebildet gelten dürfen, ist immer auch eine Frage der jeweiligen Zeit.
So war in Europa weit über ein Jahrhundert lang das Modell der Humboldt’schen Bildung das Ideal. Es meinte allumfassende Bildung, die das Ziel hatte, „so viel Welt als möglich in die eigene Person zu verwandeln" – sich also möglichst umfassend mit der Welt und ihren großen Themen zu beschäftigen und sich in diesem Prozess als Individuum zu entfalten. Eine Allgemeinbildung, die eine Schulung in den Künsten ebenso wie in den Naturwissenschaften umfasst, die Entwicklung von Urteilskraft sowie die Fähigkeit, das eigene Leben zu gestalten, sind genauso Bestandteile dieses Ideals wie Weltbürgertum und Mündigkeit.
Schon damals grenzte Wilhelm von Humboldt sein Konzept von dem bis dahin vorherrschenden utilitaristischen, also auf Nützlichkeit für den Beruf hin ausgerichteten, Bildungsverständnis ab. Genau dieses war es jedoch, das sich im Zuge der Globalisierung und mit dem Beschluss der Bologna-Reformen Ende der 90er Jahre wieder seinen Platz in Köpfen, Schulen und Universitäten eroberte.
Die rasch voranschreitende Digitalisierung und die daraus resultierenden Umwälzungen werfen nun erneut und dringlicher denn je die Frage auf, wie Bildung in Zukunft aussehen muss, damit der Mensch den anstehenden Herausforderungen gewachsen ist. Dazu gehört fraglos, die Bildungseinrichtungen technisch auszustatten, das Lehrpersonal entsprechend zu schulen und Informatik in den Lehrplan aufzunehmen. Aber ist es mit solcherlei Maßnahmen getan? Schließlich geht es nicht nur um das eigene Bestehen angesichts unumkehrbarer Veränderungen im Kontext von Arbeit 4.0 und Künstlicher Intelligenz. Die Umwälzungen, die die Digitalisierung hervorbringt, sind viel umfassender: Sie stellen uns vor die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen. Sollte es deshalb nicht zuallererst das Ziel von Bildung sein, Menschen dazu zu befähigen, ihr Leben und dessen Bedingungen selbst zu bestimmen? Gerade trotz der rasanten Entwicklungen aktiv eine lebenswerte Zukunft gestalten zu können – für sich selbst und die Gesellschaft im Ganzen?
Könnte dabei ein Rückgriff auf die Humboldt‘schen Ideale hilfreich sein? An welcher Stelle müssen aktuelle Ziele und Auffassungen digital re-formuliert werden? Wo braucht es ganz neue Ansätze? Zur Diskussion laden wir Sie herzlich nach Tutzing ein.
Judith Stumptner, Evangelische Akademie Tutzing
Eva Stolpmann, Stiftung Bildungspakt Bayern
Dr. Andrea Taubenböck, Stiftung Wertebündnis Bayern