GERECHTE UND FAIRE LÖSUNGEN
haben die Washingtoner Prinzipien 1998 für die Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und nie zurückerstattet wurden, angemahnt. Vor allem staatliche und kommunale Museen, aber auch einige Häuser in privater Trägerschaft sind mittlerweile tätig geworden und untersuchen ihre Sammlungen auf unter Zwang verkauftes oder entzogenes Kulturgut. Welche Kunstwerke sind in ihren Besitz gelangt, deren rechtmäßige Eigentümer von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden? Die Provenienzforschung ist international vernetzt und mit den Nachfahren der Opfer im Gespräch. Datenbanken unterstützen punktuell die Recherchen, aber es gibt weiterhin viele Dunkelfelder. Dazu gehört auch der Kunstmarkt, wenngleich einige Galerien und Auktionshäuser engagiert an der Aufklärung mitwirken. 20 Jahre nach der Washingtoner Konferenz bleiben sehr viele Fälle von NS-Raubkunst ungeklärt. Nur ein geringer Teil der Kunstwerke konnte bislang restituiert werden.
Das Feld der Raub- und Beutekunstforschung hat sich in den letzten Jahren über Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg hinaus sukzessive ausgedehnt, etwa auch auf die Beschlagnahmungen in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR. Unter einem großen Fragezeichen steht aktuell aber vor allem der moralisch korrekte Umgang mit dem sogenannten kolonialen Erbe. „Gerecht und fair" heißt in diesem Fall, in Zusammenarbeit mit den vom Kolonialismus Betroffenen nach Lösungen zu suchen. Allerdings hat in Europa die Anerkennung der kolonialen Unrechts- und Gewaltgeschichte gerade erst begonnen, und ein symmetrischer Diskurs ist über Expertenkreise wenig hinausgegangen. Politisch geht jetzt Frankreich voran. Das vom französischen Staatspräsidenten beauftragte Expertenteam trat jüngst mit dem schlichten Vorschlag an die Öffentlichkeit, dass alle nachweislich in der Kolonialzeit geraubten Objekte ohne weitere Nachforschungen in afrikanische Hände zurückzugeben sind.
Zu „unschuldigem Kunstgenuss" können wir kaum zurückkehren. Doch wie gehen wir verantwortungsvoll mit belastetem Kulturgut um? Was können wir aus dem Umgang mit der NS-Geschichte für den Umgang mit der kolonialen Vergangenheit lernen? Expertinnen und Experten aus Museen und Universitäten, aus Politik und Recht treten an der Evangelischen Akademie Tutzing in einen spannenden Diskurs, zu dem wir herzlich einladen!
Dr. Ulrike Haerendel
Evangelische Akademie Tutzing
PD Dr. Christian Fuhrmeister / Dr. Meike Hopp / Dr. Stephan Klingen
Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München