Fischerhochzeit 2017 – die Akademie bot prachtvolle Kulisse
„Ein hübsches Paar. Gut schauen die aus“. Ein Raunen der Bewunderung ging durch den Tutzinger Schlosspark als das Hochzeitspaar sich auf der Schlossterrasse präsentierte und der Beifall klatschenden Menge zuwinkte. Fein gewandet waren sie schon, und fesch ausgeschaut haben sie ohnehin, das muss man schon sagen, die Theresa Feldhütter und der Benedikt Greif, die in die historische Rolle der beiden Liebenden Veronika Bierbichler und Michael Gröber schlüpfen durften. Alle fünf Jahre ist es nämlich wieder soweit. Die Evangelische Akademie Tutzing, die seit 1947 im traditionsreichen Tutzinger Schloss residiert, wird zum Schauplatz eines historischen Spektakels – der Fischerhochzeit.
Wo gestern noch hoch gelehrige Gespräche geführt wurden und man angestrengt über diffizile Sachverhalte sich den Kopf zerbrach, da tummelten sich im historischen Gewand am Sonntag, den 2. Juli 2017, die Laiendarstellerinnen und -darsteller der traditionellen Fischerhochzeit in Schloss und Park.
Worum geht’s? Der Hofmarksrichter, der die Funktion des Standesbeamten ausübte – in dieser Rolle brillierte Akademiedirektor Udo Hahn – erklärte dem Publikum, was einst geschah.
Der Überlieferung nach, so berichtet es der Text des Heimatpflegers Josefranz Drummer (1887-1959), war der damalige Hoffischer Gröber vom „Gröberhof“ ein Dickkopf, der sich immer wieder mit der Obrigkeit anlegte, jedoch in dem damaligen Schlossherrn, dem Grafen Friedrich von Vieregg, einen ebenso starrköpfigen wie rechthaberischen Gegner fand. Von Graf Friedrich von Vieregg ist bekannt, dass er von den Tutzingern recht hohe Abgaben und Steuern verlangte. Den Menschen im Ort gefiel das überhaupt nicht. Der Unmut wuchs. Und der alte Gröber, der damals die Gemeinde führte, wurde immer aufmüpfiger und renitenter, bis Graf Vieregg schließlich dafür sorgte, dass man im Zuge der Napoleonischen Kriege seinen Sohn Michael als Soldat einzog und nach Russland schickte.
Nun wurde es still um den alten Gröber. Eigentlich hätte Sohn Michael längst den Hof übernehmen sollen. Auch Michaels Angehimmelte, die Veronika Bierbichler, Tochter des Fischmeisters Kastulus Bierbichler von Ambach, wollte von den gemeinsamen Zukunftsplänen ebenfalls nichts wissen. Also zog Michael mit dem Heer nach Russland. Eines Tages kam die Nachricht, dass man ihn beim Rückzug erfroren aufgefunden hätte. Erst jetzt wurde Veronika bewusst, wie sehr sie den Michael doch geliebt hatte. Sie trauerte tief um den Toten.
Viele Jahre später kam ein zerlumpter und schmutziger Landstreicher in den Ort. Niemand kannte den Mann, der geradewegs auf den Gröberhof zusteuerte. Nur der Hofhund lief schwanzwedelnd dem Fremden entgegen und begrüßte ihn herzlich. Jetzt erst erkannten die Menschen im Dorf und auch der alte Gröber, dass der Sohn Michael heimgekehrt war. Die frohe Kunde verbreitete sich schnell. Als auch Veronika Bierbichler von der Ankunft des totgeglaubten Michael erfuhr, eilte sie zu ihm und gestand ihm ihre Liebe. Nun endlich konnte die Hochzeit stattfinden. Selbst die Herrschaft des Tutzinger Schlosses nahm an dem Fest teil, und Graf Friedrich von Vieregg versöhnte sich mit dem alten Gröber. Das war das Happy End.
Bliebe noch zu erwähnen, dass Tutzing im Jahr 1929 seine erste „historische Tutzinger Fischerhochzeit“ feierte. Mit Begeisterung wiederholte man sie 1935. Eine dritte Aufführung wurde erst wieder 1953 möglich. 1975 belebte die Gemeinde zusammen mit dem Heimat- und Trachtenverein „Tutzinger Gilde“ und traditionsbewussten Familien das Fest neu. Seitdem wird die „Tutzinger Fischerhochzeit“ alle fünf Jahre abermals aufgeführt und ausgiebig gefeiert.
(Alle Informationen zu der traditionellen Fischerhochzeit in Tutzing finden Sie auf der offiziellen -> Homepage)
Axel Schwanebeck
Einzug ins Schloss Tutzing mit zünftiger Blasmusik.
Foto: Schwanebeck
Die Braut, Theresa Feldhütter, wagte einen neugierigen Blick aus der Hochzeitskutsche.
Foto: Schwanebeck
Biedermeier-Paare beteiligten sich an der Hochzeitszeremonie und warteten gespannt auf ihren Auftritt.
Foto: Schwanebeck
Akademiedirektor Udo Hahn (li.) einmal anders – als Hofmarksrichter führte er den Brautzug an, zusammen mit dem Hochzeitslader Werner Mayer (re.).
Foto: Schwanebeck
Auch kühler Nieselregen konnte den Musikern und dem Chor auf dem Schlossbalkon die Freude nicht verdrießen.
Foto: Schwanebeck
Nach der Trauungszeremonie winkte das Brautpaar den Gästen im Schlosspark noch einmal zu, bevor es zum Festschmaus in das Tutzinger Festzelt entschwand.
Foto: Schwanebeck
In einem ökumenischen Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Joseph brachte die evangelische Pfarrerin Ulrike Wilhelm (li.) in einer gereimten Predigt auf Bairisch “die Liebesgschicht” und ihren Sinn zum Ausdruck.
Foto: U. Wilhelm
Der Hofmarksrichter, der die Funktion des Standesbeamten ausübte – in dieser Rolle brillierte Akademiedirektor Udo Hahn (li.) – erklärte dem Publikum, was einst geschah.
Foto: U. Wilhelm