GOTT GIBT NICHT JEDEM MENSCHEN DAS GLEICHE.
Glikl bas Judah Leib, um 1700
Über viele Jahrhunderte blieben die abrahamitischen Religionen dem Grundsatz treu, dass Frauen in Synagogen, Kirchen und Moscheen einen niedrigeren Rang als Männer bekleiden. Das galt für den Ritus genauso wie für das geistliche Amt. Weil auch religiöse Bildung vorrangig den Männern zugänglich blieb, war es ein Leichtes, dafür unzählige Belege aus Bibel, Talmud und Koran anzuführen. Frauen waren im Allgemeinen weder in der Lage noch willens, diesen Grundsatz auszuhebeln. Zu sehr vermischten sich darin soziale, politische und religiöse Ordnungsvorstellungen, die sich zu einer fast unangreifbaren Gesamtheit fügten.
Im Gegensatz zu diesem formellen Ausschluss stand die von jeher starke Bedeutung der Religion für Frauen und der Frauen für die Religion. Sie waren oft diejenigen, die Lehren mit Leben füllten, Wissen und Tradition an ihre Kinder weitergaben, den Glauben „alltäglich“ werden ließen in ihren Familien und die Hauptlast der Dienste in den Gemeinden verrichteten. Bei allen „Metamorphosen“ hat sich daran gar nicht so viel verändert, … oder?
Frauen in der Gegenwart, für die der Glauben zu ihrem Leben gehört, geben sich allerdings nicht nur selbstgenügsam mit den überlieferten und zugewiesenen Rollen in ihren Religionsgemeinschaften zufrieden, sondern fordern zum Umdenken auf. Aus dem Feminismus lernen sie gesellschaftskritische Blicke auf Macht, Patriarchat und Unterdrückung, die nicht nur in der profanen Welt anzutreffen sind. Und sie eroberten sich neue Terrains hinsichtlich Geschlechtergleichstellung, gleichem Zugang zu Ämtern oder Mitspracherechten… Einen starken Ausdruck finden diese Ansprüche in der Maria 2.0-Bewegung, die 2019 begann, die katholische Kirche herauszufordern. Auch bei vielen Männern erfahren religiöse Frauenbewegungen einen starken Widerhall: Sie unterstützen sie und haben den gleichen kritischen Blick auf patriarchale Strukturen.
So viel Stoff für ein Wochenende, an dem wir im Austausch zwischen den Geschlechtern und Generationen und in interreligiöser Offenheit von- einander lernen und miteinander diskutieren wollen. Herzliche Einladung in die Evangelische Akademie Tutzing!
Dr. Ulrike Haerendel, Evangelische Akademie Tutzing
Prof. Dr. Renate Jost, Augustana-Hochschule, Neuendettelsau
Bitte beachten Sie: Die Podiumsdiskussion über "Frauen und Ämter in den Weltreligionen" wurde von ARD-Alpha aufgezeichnet und am 6./7. Januar 2021 gesendet. Sie ist in der ARD-Mediathek zu finden.
https://www.ardmediathek.de/alpha/video/alpha-thema/alpha-podium-frauen-in-den-weltreligionen/ard-alpha/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvLzQ1NjdhNDBhLTAwM2UtNDJlOS04MGFiLWY5YzgwZDFmYThiYQ/
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