KINDER HABEN EIN RECHT AUF GEWALTFREIE ERZIEHUNG
heißt es in § 1631 BGB, allerdings erst seit dem Jahr 2000. So lange dauerte es, bis in Deutschland Gewalt in der Erziehung von Kindern letztlich auch gesetzlich geächtet wurde. Bis weit in die 1970er Jahre hinein war von der Ohrfeige bis zum Prügeln mit dem Rohrstock eine breite gesellschaftliche Akzeptanz für „Züchtigungen“ vorhanden.
In den Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe in der Bundesrepublik kamen bis Mitte der 1970er Jahre Bedingungen hinzu, durch die sich erschreckende Gewaltformen manifestieren konnten: So etwa ein Regelsystem, das eigentlich das Zusammenleben in den oft sehr großen Einrichtungen hätte garantieren sollen, aber häufig zum Selbstzweck wurde. Werte wie Autorität, Unterordnung und Gehorsam wurden groß geschrieben. Gewalt und Misshandlungen wurden oft institutionell gedeckt und von Aufsichtsbehörden „übersehen“.
Vieles hat sich seither geändert: Eine moderne Hilfelandschaft hat das Instrument der zwangsweisen Heimunterbringung abgelöst; der Kinder- und Jugendschutz in Institutionen wurde ausgedehnt, Partizipationsstrukturen wurden geschaffen. Dennoch sollte das Thema weiterhin im öffentlichen Bewusstsein und die Aufarbeitung ein gesellschaftspolitischer Auftrag bleiben, denn viele Menschen leiden bis heute schwer unter den Folgen ihrer Heimkindheit.
Die Politik hat mit der Errichtung der Fonds Heimerziehung Anlauf- und Beratungsstellen geschaffen, die Betroffene bei der Bewältigung ihrer Vergangenheit unterstützen und einen gesellschaftlichen Beitrag zur Aufarbeitung leisten.
Da die Fonds in Kürze auslaufen, wollen wir in der Veranstaltung fragen, was in der Bundesrepublik und besonders in Bayern auf diesem Gebiet geleistet wurde und wie es mit den Ansprech- und Beratungsmöglichkeiten für ehemalige Heimkinder weitergehen wird.
Herzliche Einladung in die Evangelische Akademie Tutzing!
Dr. Ulrike Haerendel, Evangelische Akademie Tutzing
Dr. Ulrike Haerendel, Evangelische Akademie Tutzing
Ingvelde Theisen, Leiterin der Regionalen Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder in Bayern