'S IST LEIDER KRIEG - UND ICH BEGEHRE NICHT SCHULD DARAN ZU SEIN!
Matthias Claudius, 1778
Seit den terroristischen Anschlägen von Würzburg und Ansbach und dem Amoklauf eines Jugendlichen in München im Sommer 2016 hat sich die subjektiv wahrgenommene Bedrohungslage in Deutschland verschärft. Auch wenn nicht von einer Welle der Gewalt in der Bundesrepublik gesprochen werden kann: Viele Bürgerinnen und Bürger sind verunsichert, ob ihr gewohntes Leben zunehmend durch den Einbruch von Gewalt gefährdet sein könnte.
Dabei ist Gewalt in ihren unterschiedlichen Ausprägungen kein neues Phänomen: Die Gewaltexzesse in den Kriegen des 20. Jahrhunderts haben Generationen geprägt. Und später in der Bundesrepublik haben terroristische Anschläge von rechts- wie linksextremistischer Seite oder schockierende Attentate wie das auf die israelische Olympiamannschaft 1972 und das beim Oktoberfest 1980 ebenfalls tiefe Erschütterungen hinterlassen.
Doch der Themenkomplex „Gewalt“ ist unübersichtlicher geworden: Kriegsgewalt und Terror sind seit den Jugoslawienkriegen wieder in unsere unmittelbare Nähe gerückt und führten erstmals im Kosovo zu einem Kriegseinsatz der Bundesrepublik. Bis heute wird deutlich, wie sehr Deutschlands außenpolitische Positionierung von der Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg und einer damit verbundenen pazifistischen Grundhaltung geprägt ist, die aber vielfach mit den Notwendigkeiten und Herausforderungen im Rahmen internationaler Partnerschaften kollidiert.
Seit dem Anbruch des neuen Jahrtausends verbreitet der extreme Islamismus seinen Schrecken. Neue Kriege und Konflikte haben die alte Ost-West-Konfrontation abgelöst. Politisch motivierte Gewalt ist auch für uns wieder präsent. In die Biographien der nach Europa strömenden Kriegsflüchtlinge hat sie sich oft eingeschrieben.
Jenseits der politischen Makroebene behandelt die Tagung auch alltägliche und individuelle Dimensionen von Gewalt: Wer sind die meist jungen Gewalttäter und was motiviert sie? Wann und warum fallen die Schranken zur Gewaltausübung? Was müssen wir als Gesellschaft aus den Taten lernen? Wo liegt unsere Verantwortung? Was können wir präventiv tun? Welche Rolle spielt das Internet, womöglich als „Schule der Gewalt“? Welchen „spielerischen“ Umgang mit Gewalt können (müssen) wir erlauben?
Fragen, die wir mit Expertinnen und Experten an einem Wochenende in der Evangelischen Akademie Tutzing diskutieren wollen. Sie sind herzlich dazu eingeladen.
Monika Franz, Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit
Dr. Ulrike Haerendel, Evangelische Akademie Tutzing