INDIVIDUALISIERUNG DER ERNÄHRUNG: ZWISCHEN IDEOLOGIE, ALLERGIE UND KULINARISCHEM LIFESTYLE
Individualisierung liegt im Trend – in allen Lebensbereichen. Ob die nächste Urlaubsreise, das Fernsehprogramm oder das Frühstücksmüsli – alles lässt sich individuell zusammenstellen und unterliegt der persönlichen Interpretation. Auch die Ernährung. Wir können essen, was, wann, wie, wo, wie viel und wie wenig wir wollen. Nie waren wir in der Wahl unserer Lebensmittel so frei wie heute, nie waren die Diskussionen um die „richtige Ernährungsweise“ so kontrovers. Und täglich scheinen neue Trends und Empfehlungen hinzuzukommen – kein Ende in Sicht.
Die Fülle des Angebots zu nutzen, scheint dabei „out“ zu sein. Die Entwicklung geht vielmehr hin zu einer Ernährung ex negativo: Ob ovo-lacto-vegetarisch oder raw till 4-vegan, ob high- oder low-carb, ob Clean Eating, Paleo oder Rohkost, ob gluten-, laktose- oder zuckerfrei – Essen wird vielfach danach definiert, was es nicht enthält. Verzicht scheint kein Opfer, sondern Gewinn. Gesucht wird dabei häufig die maßgeschneiderte Ernährung. Sie soll uns individuell geben, was wir uns wünschen. Sie soll uns zeigen, wer und was wir sind. Doch kann das die Ernährung tatsächlich leisten?
Die Tagung diskutiert, wie sich die aktuellen Entwicklungen erklären lassen und welche Bedeutung sie für die Einzelnen und die Gesellschaft haben: Warum entscheiden sich Menschen für oder gegen eine bestimmte Ernährungsweise? Welche Rolle spielt die Persönlichkeit? Wie handlungsleitend ist die erwünschte Identität? Wie gestaltet sich das Zusammenleben, wenn Essen kein verbindender Faktor mehr ist? Und was bedeutet die Individualisierung der Ernährung für die Gemeinschaftsverpflegung und die Ernährungsbildung?
Die Tagung richtet sich an Ernährungsfachleute und Interessierte aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft und Wissenstransfer. Herzlich nach Tutzing eingeladen sind auch all jene, die an den aktuellen Entwicklungen rund um die Ernährung interessiert sind und Orientierung im Dschungel der Ernährungstrends suchen.
Dr. Martin Held, Evangelische Akademie Tutzing
Dr. Gesa Schönberger & Nicole Schmitt, Dr. Rainer Wild-Stiftung, Heidelberg