Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen im März 2015 berichteten alle Medien über das Ereignis. Im Mittelpunkt des Interesses: der Co-Pilot Andreas L., der das Unglück wohl absichtlich herbeiführte.
In fast allen Beiträgen wurden Ross und Reiter genannt: der volle Name des Co-Piloten, sein Wohnort, seine Schule, seine psychische Erkrankung, der Wohnort seiner Eltern. Dem Deutschen Presserat lagen 430 Beschwerden über die Berichterstattung zu diesem Thema vor – ein Rekordwert. Inzwischen ist entschieden: Der Name durfte genannt werden. Bezüglich der Opfer und ihrer Angehörigen gilt: Über sie darf nicht identifizierend berichtet werden.
Noch delikater wird die Ausbreitung einer ganzen Lebensgeschichte in den Medien, wenn es sich um einen prominenten Spitzenpolitiker wie den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff handelt. Für Personen der Zeitgeschichte gelten allerdings andere Regeln und sie müssen sich von den Medien sehr viel mehr gefallen lassen.
Über zu wenige Beschwerden kann sich auch der Deutsche Werberat nicht beklagen. Anzügliche Bilder, schlüpfrige Sprüche: Immer mehr Menschen wenden sich wegen frauenfeindlicher Anzeigen an den Deutschen Werberat. Im Jahr 2014 kritisierten Verbraucher 198 Annoncen und Werbespots als sexistisch oder diskriminierend, im Vorjahr waren es noch 154.
Nicht nur die Presse, sondern auch das Fernsehen gerät in die Kritik. Immer wieder werden Verstöße gegen die Jugendschutzbestimmungen insbesondere bei den privaten Sendern festgestellt. Zu der RTL-Serie „Deutschland sucht den Superstar“ stellte der KJM-Vorsitzende Wolf-Dieter Ring fest: „Beleidigende Äußerungen und antisoziales Verhalten werden genau wie in der letzten Staffel als Normalität dargestellt. So werden Verhaltensmodelle vorgeführt, die den Erziehungszielen wie Toleranz und Respekt entgegenwirken und eine desorientierende Wirkung auf Kinder ausüben“.
Und das Internet? Ist es ein rechtsfreier Raum oder gelten hier auch Regeln, die es für Content-Anbieter zu beachten gilt?
Wir wollen beim diesjährigen Tutzinger Medien-Dialog fragen: Was ist bei der Berichterstattung zulässig? Wann müssen ethische Grenzen aufgezeigt werden und wo sollen sie gezogen werden?
Wir laden Sie zur Diskussion über diese Fragen herzlich nach Tutzing in die Akademie für Politische Bildung ein.
Dr. Michael Schröder
Akademie für Politische Bildung
Evangelische Akademie Tutzing